Aufmarsch vor Flüchtlingsheim: Hellersdorf wieder Hetzersdorf
An Pfingsten konnten Rassisten ungehindert in Hellersdorf demonstrieren. Heute treffen sich Linke, um sich wieder besser zu vernetzen.
Ein Krisentreffen des Solidaritätsnetzwerks Hellersdorf soll jetzt helfen. Dazu lädt am heutigen Mittwochabend die antifaschistische Gruppe Dekonstruktion Ost ein, die seit mehreren Jahren in Hellersdorf aktiv ist. Der Grund: Am Pfingstsonntag war eine Demo der „Bürgerbewegung Hellersdorf“, die gegen die Flüchtlingsunterkunft in der Carola-Neher-Straße hetzt, mit knapp 40 TeilnehmerInnen durch den Bezirk und dabei mehrmals direkt an der Unterkunft vorbeigezogen. Unter den DemonstrantInnen waren laut Informationen des Antifaschistischen Pressearchivs mehrere bekannte Neonazis, etwa der Berliner NPD-Landesvorsitzende Sebastian Schmidtke, Mitglieder der Partei Die Rechte sowie ehemalige Kameradschaftler. Schmidtke hielt eine Rede auf der Abschlusskundgebung am Alice-Salomon-Platz.
Gegenproteste gab es am Sonntag keine. „Leider müssen wir feststellen, dass die große Welle der Solidarität mit Hellersdorf verebbt ist“, sagt Joschua Kling von Dekonstruktion Ost. Nachdem die rechten Proteste gegen die Unterkunft im letzten Sommer bundesweit für Aufsehen gesorgt hatten, werde mittlerweile kaum noch über Hellersdorf berichtet. Dabei habe sich die Situation keineswegs entspannt, findet Kling: „Wir sind entsetzt über die Demo am Sonntag. Es war das erste Mal, dass die Gruppen direkt an der Unterkunft demonstrieren konnten“. Auf der Facebook-Seite der „Bürgerbewegung“ ist ein Videomitschnitt verlinkt, auf dem zu hören ist, wie Demonstranten einem am Fenster stehenden Bewohner der Unterkunft „Spring doch, Parasit“ zurufen.
Route war nicht von der Polizei genehmigt
Von der Polizei genehmigt war die Route allerdings nicht: Laut einem Polizeisprecher war die Anmeldung erst eine halbe Stunde vor Beginn der Veranstaltung eingegangen. Eigentlich müssen Demonstration spätestens 24 Stunden vorher angemeldet sein, es sei denn es handelt sich um spontane Versammlungen – eine solche war die Demo am Sonntag aber laut Polizei nicht. Schließlich hatten die TeilnehmerInnen Transparente und einen Lautsprecherwagen dabei. „Wir haben deswegen Anzeige wegen Verstoß gegen das Versammlungsrecht eingeleitet“, so der Sprecher. Die Polizei sei zwar vor Ort gewesen, habe aber zunächst nicht verhindern können, dass die Demo am Heim vorbeizog. Danach habe man die Demo am Hinterhof der Unterkunft vorbeigeleitet.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?