Aufklärung in der NSA-Ausspähaffäre: Jetzt ist Pofalla dran
Kanzleramtsminister Roland Pofalla soll am Donnerstag vor dem Kontrollgremium erklären, was Merkel über das Spähprogramm wusste. Fragen hat die SPD geschickt.
BERLIN dpa/afp | Das für die Kontrolle der Geheimdienste zuständige Bundestagsgremium wird sich am Donnerstag erneut mit der Spähaffäre befassen. Auf der Sondersitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKG) solle sich Kanzleramtsminister Ronald Pofalla dazu erklären, was Bundeskanzlerin Angela Merkel (beide CDU) über die Zusammenarbeit des Bundesnachrichtendienstes (BND) mit dem US-Geheimdienst NSA wusste, teilte SPD-Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann am Dienstag mit.
Die Bundesregierung sei bislang ihrer Pflicht nicht nachgekommen, das Gremium „umfassend über die Arbeit der Nachrichtendienste und Vorgänge von besonderer Bedeutung zu informieren“, kritisierte Oppermann, der dem PKG vorsitzt.
Bundesregierung und Opposition haben sich in der Ausspähaffäre über die Terminierung des Auftritts von Kanzleramtsminister Ronald Pofalla vor dem Parlamentarischen Kontrollgremium gezankt. Oppermann erteilte der von der Koalition für Mittwoch geplanten Sondersitzung mit dem Geheimdienstkoordinator eine Absage.
Auch wenn die Fakten rasch auf den Tisch müssten, Gründlichkeit gehe vor Schnelligkeit, hatte Oppermann der Süddeutschen Zeitung am Dienstag gesagt. Er kündigte an, dem Kanzleramt am Dienstag einen Fragenkatalog zuzuleiten, dessen Beantwortung bis Ende der Woche dauern könnte.
Die Kanzlerin steht unter Druck
Regierung und Geheimdienste stehen in der Spähaffäre seit Wochen unter Druck. Die NSA kundschaftet offenbar im großen Stil die Kommunikation von Bürgern auch in Deutschland aus - Einzelheiten sind weiter unklar. Am Wochenende hatte das Magazin Der Spiegel berichtet, der deutsche Auslandsgeheimdienst BND und der im Inland operierende Verfassungsschutz nutzten eine Spähsoftware der NSA. Der BND habe sich auch für eine laxere Auslegung deutscher Datenschutzgesetze eingesetzt, um den Austausch zu erleichtern.
Die Fraktionen von CDU/CSU und FDP hatten die Sitzung gemeinsam beantragt. CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe forderte Oppermann auf, das Gremium einzuberufen, damit Pofalla dort Rede und Antwort stehen und für Aufklärung sorgen könne. Es dränge sich aber der Eindruck einer „gewissen Verschleppung“ auf. „Offenkundig ist Öffentlichkeitsgetöse für den Wahlkampf wichtiger als Aufklärung dort, wo sie hingehört.“
Pofalla, nur ein „Bauernopfer“?
Pofalla hatte sich seit dem Hochkochen der Ausspähaffäre nur spärlich dazu geäußert. Die Opposition kritisierte dies in den vergangenen Tagen immer vehementer. Eine Erklärung lieferte Vize-Regierungssprecher Georg Streiter am Montag: „Herr Pofalla war in der vergangenen Woche im Urlaub. Jetzt ist er wieder da.“
Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) derweil zu einer härteren Haltung gegenüber den USA und Großbritannien auf. „Statt die Bürger und die deutsche Wirtschaft vor einer flächendeckenden Spionage durch die USA und Großbritannien zu schützen, versucht sie nur, sich herauszureden“, sagte Gabriel dem Münchner Merkur.
Zuvor hatte Gabriel die Ablösung von BND-Chef Gerhard Schindler ins Spiel gebracht, weil dieser die geltenden Datenschutzgesetze in Deutschland habe umgehen wollen. Der grüne Bundestagsabgeordnete Christian Ströbele lehnt diese Forderung ab: „Ich will nicht, dass die Bundesregierung mit einem Bauernopfer davon kommt“, sagte er dem Kölner Stadt-Anzeiger. „Es könnte ja sein, dass der BND-Präsident nicht nur mit Duldung, sondern sogar auf Weisung des Kanzleramtes gehandelt hat.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Matheleistungen an Grundschulen
Ein Viertel kann nicht richtig rechnen
Innenminister zur Migrationspolitik
Härter, immer härter
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Israels Brüche der Waffenruhe
Die USA sind kein neutraler Partner