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Aufklärung an SchulenRot-Rot gegen Schwulenhass

SPD und Linkspartei wollen gegen homophobe Einstellungen vorgehen.

Die rot-rote Koalition will sich verstärkt um die Gleichstellung Homo- und Transsexueller kümmern. Susann Engert, Ansprechpartnerin in der SPD-Fraktion für Schwule und Lesben, und Klaus Lederer, rechtspolitischer Sprecher und Landeschef der Linken, stellten dazu am Mittwoch einen umfassenden Antrag vor. Der Titel: "Berlin tritt ein für Selbstbestimmung und Akzeptanz sexueller Vielfalt". Lederer erklärte: "Wir haben einen schwulen Bürgermeister und viele selbstbewusste Menschen unterschiedlicher sexueller Orientierung in Berlin." Auch bei der rechtlichen Gleichstellung sei Berlin ganz vorne mit dabei. Doch nach wie vor gebe es Homophobie und Transphobie. "Jetzt kommt der mühevolle Prozess, diese Einstellungen zu ändern", so Lederer.

Ein schwieriges Unterfangen: SPD und Linke wollen vor allem die Aufklärung verstärken. "Wir fordern eine verpflichtende Weiterbildung für Lehrer und Erzieher", sagte Engert. An jeder Schule soll eine Lehrkraft als Ansprechpartner für sexuelle Vielfalt bereitstehen - um Jugendliche bei der Suche nach der eigenen sexuellen Identität zu unterstützen. Dieser Lehrer soll auch darauf achten, dass das Thema in der Schule berücksichtigt wird. Die Behandlung sexueller Vielfalt stehe zwar im Rahmenplan, so Engert. "Aber oft hakt es an der Umsetzung."

Zudem will die rot-rote Koalition Projekte stärker fördern, die Aufklärungs- und Beratungsarbeit machen. Auch die Statistik soll verbessert werden. Man habe den Eindruck, dass die Zahl der Überfälle auf Schwule und Lesben stark gestiegen sei, sagte Lederer. "Das können wir aber nicht belegen." Es gebe bisher nur nicht-repräsentative Online-Befragungen in der Szene. Eine wissenschaftliche Langzeitstudie zu Überfällen soll nun Klarheit bringen.

Migranten werden in dem Papier nur am Rande erwähnt. Das überrascht insofern, da eine Untersuchung nachgewiesen hat, dass homophobe Einstellungen unter Schülern nichtdeutscher Herkunft besonders verbreitet sind. Sie deshalb aber zu Sündenböcken zu machen, sei "richtig daneben", so Lederer. Homophobie stelle ein Problem der gesamten Gesellschaft dar.

Wie viel Geld für die Maßnahmen zur Verfügung stehen wird, konnten die Abgeordneten nicht sagen. Das werde sich in den Haushaltsverhandlungen nach der Sommerpause zeigen. Lederer machte Schwulen und Lesben aber Hoffnung: "Wenn wir als Koalitionsfraktionen so ein ehrgeiziges Programm beschließen, können wir nicht sagen, wir machen das mit den derzeitigen Mitteln." Voraussichtlich Anfang April kommt der Antrag ins Plenum. Ende 2009 soll der Senat dann den ersten Zwischenbericht vorlegen. Der Lesben- und Schwulenverband begrüßte das Vorhaben. Auch die Grünen freuten sich. Kein Wunder: Ein älterer Grünen-Antrag bildet die Grundlage für das rot-rote Papier.

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1 Kommentar

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  • KS
    Kim Schicklang

    In Zeiten, in denen transsexuelle Menschen noch von Psychologie und Medizin offiziell diskriminiert werden, indem man ihnen ein Geburtsgeschlecht andichtet, das sie nie hatten um ihnen dann hinterher eine Diagnose, die sich "Geschlechtsidentitätsstörung" nennt, anzudichten, sicher eine mutige Initiative.

     

    Wenn es geschafft werden kann, klarzumachen, dass beispielsweise transsexuelle Frauen als Mädchen mit Penis und Hoden geboren wurden und eben nicht als Jungs - weil das Vorhandensein oder Fehlen eines Penis noch lange nichts über das Geburtsgeschlecht eines Menschen aussagt - dann wäre das ja schon mal eine super Aufklärungsarbeit. Wer die Geschlechtsidentität eines Menschen respektieren will, kann nicht Sätze sagen wie "Ich respektiere, dass sich dieser Junge als Mädchen fühlt", sondern sollte konsequent sein, und eben tatsächliche Akzeptanz gegenüber der geschlechtlichen Identität eines Menschen zeigen, vielleicht weil er auch weiss, dass diese bei einem selbstbewussten Menschen immer Ausdruck des Wissens über das eigene Geburtsgeschlecht ist.

     

    Wenn dieser Respekt vor der Geschlechtsidentität eines Menschen Ansatz für die Initiative ist, dann ist das nicht nur mutig, sondern auch wichtig, richtig und längst überfällig - auch wenn sich manch' Vertreter ideologiebeladener Theorien aus der Psychologie hierdurch auf den Schlips getreten fühlen könnte. Aber auch das ist dann gut so.