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Aufgeschreckte CoachpotatoesIn den Eingeweiden der Erde

Edith Kresta
Kolumne
von Edith Kresta

Spannender als ein Besuch der Pyramiden: Die Mine Rammelsberg bei Goslar ist ein Ankerpunkt der europäischen Route der Industriekultur.

Das Bergbaumuseum Rammelsberg Foto: imago/Schöning

E s ist feucht, dunkel, glitschig, kühl. Auf steilen, schmalen Stahltreppen geht es immer tiefer in die Erde hinein. Überall zweigen Gänge ab. Ein verwirrendes, unteririsches Labyrinth. Hier müssen die Zwerge, die Bergmännchen wohnen. Mit ihrem runzligen grauen Gesicht, das ihrem hohen Alter entspricht, dem weißem Bart, der ihnen Klugheit, vielleicht auch Bösartigkeit andichtet. Dazu die großen, leuchtenden, lichtempfindlichen roten Augen. Wo sonst, wenn nicht hier im Roederstollen, treiben sie ihr Unwesen.

Der Roederstollen im Bergwerk Rammelsberg bei Goslar ist ein altes System von Energieleitungen und Maschinen. Riesige unterirdische Wasserräder entwässerten die Grube. Ein Wunder deutscher Technik. Unsere Führerin durch den Stollen weiß nicht nur viel Geschichte über den 1.000-jährigen Bergbau im Rammelsberg, sie erzählt auch vom Alltag der Bergleute, den Witwenrenten und frühen Absicherungen, die die Bergleute errungen hatten. Und nebenbei erklärt sie die ursprüngliche Akkumulation.

Die Kaiser errichteten in Goslar ihre Pfalz, weil der in den Gruben erwirtschaftete Reichtum ihre Kassen füllte. Ohne den Bergbau wäre die Stadt Goslar am Nordrand des Harzes wohl nie zu einem Hauptsitz der deutschen Kaiser und zu einer wichtigen Handels- und Hansestadt geworden. „Am Erz des Bergwerks und der harten Arbeit der Bergleute bereicherte sich der Kaiser, und der Handel mit den Schätzen des Berges machte Goslar im Mittelalter zu einer reichen Stadt.“

Vor 30 Jahren, 1988, wurde hier nach 1.000-jährigem Schürfen die Produktion endgültig niedergelegt. Das Bergwerk Rammelsberg ist seit 1992 Weltkulturerbe. Ein wichtiges Denkmal deutscher Industriekultur, Ankerpunkt der Europäischen Route der Industriekultur, ERIH.

Sie ist ein riesiges Netz des Industrieerbes, über ganz Europa verteilt. Eine Entdeckungsreise zu den Meilensteinen europäischer Industriegeschichte. Dazu gehören überregional bedeutende Industrieanlagen ebenso wie namhafte Arbeitersiedlungen, Museen oder Panoramen.

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Der Reiseführer Lonely Planet kürt jedes Jahr die besten Reiseziele der Welt. Deutschland wurde dieses Jahr nach Sri Lanka für den zweiten Platz von den Tourismuskennern erwählt: Das 100-jährige Bauhaus-Jubiläum und der 30. Jahrestag des Mauerfalls seien für die Entscheidung verantwortlich.

Wir empfehlen unbedingt auch den Rammelsberg. „Das war spannender als der Besuch der Pyramiden“, sagt mein Begleiter nach der Führung durch das Bergwerk. Ob die niedersächsische Schulklasse auf obligatorischer Klassenfahrt das auch so sieht oder aus Übermut so grölte, ist unklar. Gelangweilt waren sie auf jeden Fall nicht.

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Edith Kresta
Redakteurin
Schwerpunkte: Reise und Interkulturelles. Alttazzlerin mit Gang durch die Institutionen als Nachrichtenredakteurin, Korrespondentin und Seitenverantwortliche. Politologin und Germanistin mit immer noch großer Lust am Reisen.