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Aufbruchstimmung in der PolitikDer Macron Thailands

In Thailand wollen junge Politiker vom Frust über die Militärjunta profitieren. Als ihr Star gilt der 39-jährige Thanathorn Juangroongruangkit.

Juanggroongruangkit schirmt sein Handy ab, damit sein Telefonat nicht mitgehört werden kann Foto: dpa

BANGKOK taz | Seit dem Militärputsch 2014 herrscht in Thailand eine bleierne Zeit. Politische Parteien sind suspendiert. Regimekritiker werden mithilfe des Majestätsbeleidigungsgesetzes zum Schweigen gebracht. Als Unbotmäßigkeit gilt schon die Thematisierung der Korruption, die unter Juntachef und Premierminister General Prayut Chan-o-cha blüht wie eh und je. Im Februar 2019 will die Junta mit der Parlamentswahl die Rückkehr zur Demokratie einleiten. Ob es dazu kommt, bleibt abzuwarten. Zu oft schon haben die Generäle ihr Wahlversprechen gebrochen. Die junge Generation ist frustriert. Doch mit Thanathorn Juangroongruangkit ist jetzt überraschend eine Art thailändischer „Macron“ auf der politischen Bühne erschienen.

Die vier Männer auf dem Podium des Klubs der Auslandskorrespondenten (FCCT) in Bangkok sind jung, gutaussehend und reich. Sie stammen aus dem politisch-ökonomischen Establishment. Hauptperson des Abends mit dem Titel „Macht Platz, ihr Dinosaurier“ ist Thanathorn, ein entschiedener Gegner des Militärs. Seine Version von „En Marche“ heißt Anakot-Mai-Partei, das heißt etwa „Vorwärts in die Zukunft“.

Varawut Silpa-archa, 40, spricht den anderen beiden Jungpolitikern Preechapol Pongpanit, 27, und Parit „Itim“ Wacharasindhu, 25, aus dem Herzen, als er sagt: „Ich freue mich über Thanathorn. Ohne ihn wären wir nicht vom FCCT eingeladen worden.“ Jeder weiß: Eine Veranstaltung nur mit dem intelligenten Thanathorn hätte die Junta wie schon bei anderen Veranstaltungen des FCCT zu politischen Themen zuvor nicht zugelassen.

Der FCCT ist brechend von. In den Medien ist Thanathorn seit Wochen Dauerthema, aber politische Veranstaltungen sind verboten. Sein Auftritt bietet jetzt für viele junge Thais erstmals die Chance, ihren Hoffnungsträger, der im Hauptberuf Vizepräsident des milliardenschweren familieneigenen Autozubehörherstellers Thai Summit ist, live zu erleben.

Mit 39 Jahren hat er schon fünf Militärputsche erlebt

Die von jungen Akademikern, Menschenrechtlern und Unternehmern mit Sinn für Demokratie und soziale Gerechtigkeit gegründete Future-Foward-Partei sei eine Alternative zu den etablierten Parteien, deren demokratischer Gesinnung er nicht mehr so recht traue, sagt Thanathorn, einst aktives Mitglied der Rothemden-Bewegung des gestürzten Premiers Thaksin Shinawatra. „Ich bin erst 39 Jahre alt, habe aber in meinem Leben schon fünf Militärputsche erlebt. Genug ist genug“, sagt Thanathorn unter Beifall.

Als anderer aufgehender Stern am Polithimmel erweist sich Parit „Itim“ Wacharasindhu. Der 25-jährige rhetorisch brillante Oxford-Absolvent versteht sich als Demokrat mit großem „D“ – im Gegensatz zur militärnahen Demokratischen Partei seines Onkels, des Ex-Premiers Abhisit Vejjajiva. Sie galt als politischer Arm der royalistisch-nationalistischen „Gelbhemden“. Beifall erhält Itim mit der Zusage, als Parlamentarier keinen Premier von „außen“ zu wählen, also keinen, den das Militär laut Verfassung dem gewählten Parlament aufzwingen kann.

Für eine wirkliche Demokratisierung Thailands müsste die Verfassung, die dem Militär auf Jahrzehnte hinaus das letzte Wort sichert, neu geschrieben werden. Jeder Versuch einer Verfassungsänderung, betont Thanathorn, berühre jedoch die „Interessen der Mächtigen“ und würde einen Putsch provozieren. „Unsere einzige Chance besteht daher in der Zusammenarbeit aller demokratischen Kräfte.“

„Endlich wird Thaipolitik wieder lebendig“

Ultrakonservative Kreise sind alarmiert. Schon ist von einer Anklage Thanathorns wegen „Majestätsbeleidigung“ die Rede. Andere drohen in sozialen Netzwerken dem „thailändischen Macron“ sogar offen mit Mord.

Ob Thanathorn wirklich ein ernst zu nehmender Charakter in Thailands politischer Seifenoper wird, ob die anderen Jungs ihre etablierten Parteien dazu bringen, mehr Demokratie zu wagen, wird sich zeigen. Die jungen Thais im FCCT sind jedenfalls begeistert. Eine junge Frau, die ihren Beruf mit „Juristin“ angibt, sagt: „Endlich wird Thaipolitik wieder lebendig. Auf diesen Tag haben wir lange gewartet.“

Ihren Namen will die Dame nicht nennen. Sicher ist sicher. Die Aufpasser der Junta sind im Saal.

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