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Aufatmen nach Chuns Einlenken

■ Polizei–Sondertruppe in Südkorea zurückgezogen / Zeitplan für Reformen vorbereitet / Kundgebungen abgesagt

Berlin (afp/wps/taz) - Ungewohnte Ruhe herrschte am Dienstag in Südkoreas Hauptstadt Seoul. 120.000 Polizisten einer Sondereinheit, die seit Wochen durch die Straßen Südkoreas - vor allem Seouls - patrouilliert waren, sind am Dienstag zurückgezogen worden. Die Demokratische Wiedervereinigungspartei (RDP) unter dem Vorsitz von Kim Jong Sam rief die Südkoreaner auf, die Proteste einzuschränken, um einen „ruhigen und reifen Übergang zur Demokratie zu erlauben“, und auch die Studenten sagten ihre landesweit geplanten Protestkundgebungen ab. Inzwischen scheint ausgemachte Sache, daß Diktator Chun dem Acht–Punkte–Katalog seines designierten Nachfolgers Roh Tae Woo, der die Hauptforderungen der Opposition erfüllt, zustimmt. Der Katalog sieht die Direktwahl des nächsten Staatsoberhaupts, ein neues Wahlrecht, die Freilassung der politischen Häftlinge, die Beseitigung der Pressezensur sowie die Wiederherstellung der Bürgerrechte für den Oppositionsführer Kim Dae Jung vor. Staatschef Chun, der angeblich von Rohs Vorhaben nicht vorab informiert worden war, hielt am Dienstag morgen ein Treffen mit Roh ab. Aus Parteikreisen verlautete, Chun habe dem Katalog „im Prinzip“ zugestimmt. Der Diktator hatte für letzte Nacht eine Fernsehansprache angekündigt. Aus Parteikreisen verlautete am Dienstag, Chun habe sein Kabinett bereits angewiesen, Maßnahmen zur Freilassung politischer Gefangener sowie zur Aufhebung der Pressezensur zu erlassen. Zur Zeit werde ein Zeitplan erarbeitet, demzufolge die Verfassung bis September einer Revision unterzogen werde solle. Bis zum Jahresende sollten Präsidentschaftswahlen und zu Beginn des nächsten Jahres allgemeine Wahlen abgehalten werden. Angesichts des allgemeinen Optimismus warnte Oppositionsführer Kim Dae Jung seine Landsleute vor frühzeitigem Nachlassen der Aufmerksamkeit. Kim Dae Jung forderte die Bildung einer Übergangsregierung, der Mitglieder der jetzigen Regierung, der Opposition sowie Unabhängige angehören sollten. Politische Beobachter erwarten, daß Rohs Katalog den Protesten den Wind aus den Segeln nehmen wird. Auch können die beiden Oppositionsführer, Kim Dae Jung und Kim Young Sam, die sich während der letzten zwei Jahre im Kampf gegen die Diktatur zusammengeschlossen hatten, nun wieder zu Konkurrenten werden. Obwohl beide bislang eine Präsidentschaftskandidatur dementieren, ist nicht auszuschließen, daß sie sich im Wahlkampf als Kandidaten gegenüberstehen werden. Davon könnte wiederum Chuns Kandidat Roh profitieren. Zunächst herrschte in Seoul jedoch Euphorie. Taxifahrer boten Freifahrten an, Teestuben verteilten kostenlos Getränke und Snacks, und in den Bars feierten die Menschen das vorläufige Ende des Belagerungszustandes. -ant– Kommentar auf Seite 4

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