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Auf du und du mit den GrünenAuch in Bremen: Verrückte Grüne

■ Beck und Heck über Urlaub und Benzinpreiserhöhung

Die gestrige Pressekonferenz der Grünen begann mit einem Geständnis: „Ja, wir sind verrückt geworden“, räumte Hucky Heck freimütig ein. „Allerdings nicht so, wie alle meinen“, beeilte sich der Vorstandssprecher zu versichern. Die Grünen wollen den Benzinpreis in 30-Pfennig-Schritten erhöhen, so daß der Liter im Jahr 2008 fünf Mark kosten soll. Daß man den Wählern „das schwer verkaufen kann“, sieht auch Heck ein. „Wir wollen niemanden die Mobilität nehmen. Aber wenn man den CO2-Ausstoß in einigermaßen erträgliche Grenzen halten will, muß man Energie einsparen.“Will heißen: Wo gehobelt wird, fallen auch Späne.

„Die Leute bekommen ja auch Geld zurück“, versprach die Bundestagsabgeordnete Marieluise Beck: Die Kraftfahrzeugsteuer soll abgeschafft werden. Und die Sozialversicherungsbeiträge sollen gesenkt werden, damit die Unternehmen neue Arbeitsplätze schaffen.

Um diese Idee (Heck: „Wir fühlen uns der Welt verpflichtet, und da müssen wir Abstriche machen“) zu verkaufen, haben die Grünen eine Info-Hotline zur Öko-Steuer eingerichtet (. Außerdem wollen sie sich mit Infoständen vor Einkaufszentren postieren. Sie möchten verhindern, daß eine „Hysterie“ausbricht und die „Menschen denken, daß sie ihre Autos stehenlassen müssen, wenn die grünen Männchen kommen“(Beck).

Nachdem Halo Saibold, tourismuspolitische Sprecherin der Grünen, deutschen Urlaubern vor wenigen Tagen geraten hat, der Umwelt zuliebe nur alle fünf Jahre in die Ferien zu fliegen und sich die Bundestagsfraktion über die Nato-Osterweiterung streitet, laufen den Grünen nämlich die Wähler in Scharen davon. Während der Partei laut Emnid im Februar noch zehn Prozent der Wählerstimmen sicher waren, lagen die Grünen nach ihren neusten Empfehlungen zur Urlaubsplanung nur noch bei sieben Prozent. Kanzlerkandidat Gerhard Schröder hat die Grünen bereits für nicht regierungsfähig erklärt und bandelt zwecks möglicher Koalition mit der FDP an.

Doch davon will sich die Bundestagsabgeordnete Marieluise Beck nicht bange machen lassen. „Wir haben noch sieben Monate bis zur Wahl. Irgendwann wird es jemand anders an die Backe kriegen. Wir könnten in die Klapsmühle gehen, wenn wir uns jetzt schon bei jeder Kleinigkeit draußen sehen würden.“

Beck fliegt übrigens über Ostern nach La Palma. Auch Hucky Heck steht dazu, daß er einmal im Jahr „in sonnige Gefilde“fliegt, weil er Schwierigkeiten habe, das naßkalte Klima in Deutschland zu ertragen. Seine Urlaubspläne würde er sich auch „von keiner Partei vermiesen“lassen. Außerdem arbeite seine Frau bei der Lufthansa, und die „Ehe-Öko-Bilanz“sei deshalb sogar „so schlimm“, daß er „eigentlich bei Bündnis 90/Die Grünen austreten“müsse.

Die Äußerung Saibolds sei „keine mehrheitsfähige Meinung“, versichert Heck den Journalisten. „Da hat sich eine Person aus dem Fenster gelehnt.“Auf die Frage, warum sie das getan hat, gibt es keine Antwort.

Nach dem Erfolg der SPD in Niedersachsen und Schleswig-Holstein, schien der Sieg für die Grünen zum Greifen nahe – ist das ein Hang zum Masochismus, wenn die Partei danach hat nichts Besseres zu tun, als sich um Kopf und Kragen zu reden? „Dem habe ich nichts hinzuzufügen“, räumt Heck ein und läßt trotzdem ein paar Erklärungsversuche entlocken: „Die Partei hat bisher noch nie ein taktisches Verhältnis zur Wahrheit entwickelt“, sagt er. Und: „Wir haben viele Mitglieder mit moralisch tiefgehenden Überzeugungen, die sagen, es adelt uns sogar, wenn wir die Wahrheit sagen.“

Übrigens: Marieluise Beck will wieder in ihren Beruf zurückkehren, wenn sie nicht wiedergewählt wird. „Aber“, so die Lehrerin, „das sehe ich im Moment nicht. In den Bundestag kommen wir auf jeden Fall wieder.“ kes

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