Auf OAS-Gipfel steht Lateinamerika hinter Kuba: Nagelproben für Obama
Wie weiter mit Kuba, dem Plan Colombia und linken Präsidenten? Diese Fragen stellten sich Obama auf seinem ersten Amerikagipfel. Chávez will jedenfalls Obamas Freund werden.
BUENOS AIRES "Neubeginn" und "gleichberechtigte Partnerschaft" waren die Schlüsselworte in der Rede von US-Präsident Barack Obama beim Amerika-Gipfel. Von "Jahrzehnten des Misstrauens" sprach er. "Wir haben uns manchmal abgekoppelt, und manchmal wollten wir unsere Bedingungen diktieren", sagte Obama gegenüber den übrigen 33 Staats- und Regierungschefs der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) bei ihrem fünften Amerika-Gipfel vom 17. bis 19. April in Port of Spain, der Hauptstadt von Trinidad und Tobago. Der "Neubeginn" werde auch für die Beziehungen der USA zu Kuba gelten.
"Die Region erlaubt keine rigiden Formeln, kein einseitiges Denken und keine Vorgaben mehr", brachte der brasilianische Präsident Luiz Inácio "Lula" da Silva das neue Selbstbewusstsein der LateinamerikanerInnen auf den Punkt. Zudem bezeichnete er es als "schwierig, sollte es einen neuen Amerika-Gipfel geben, auf dem Kuba nicht vertreten ist". Kuba war 1962 auf Druck der USA aus der OAS ausgeschlossen worden, hatte aber eine Rückkehr vorerst selbst ausgeschlossen. Die von den USA vor dem Gipfeltreffen angekündigten Reiseerleichterungen gegenüber Kuba reichen nicht aus, kritisierte Lula. "Die Maßnahmen weisen in die richtige Richtung, genügen aber nicht. Nötig ist der direkte Dialog zwischen den beiden Regierungen."
Die Nagelprobe für Obama könnte tatsächlich im zukünftigen Verhalten der USA gegenüber Kuba bestehen. Ausnahmslos alle lateinamerikanischen Staats- und Regierungschefs forderten das Ende des US-Embargos gegenüber der sozialistischen Karibikinsel, sogar der den USA bedingungslos ergebene Álvaro Uribe. "Kolumbien spürt, dass die kubanische Regierung für den Frieden in der Region arbeitet", so Uribe in seiner Begründung.
Versöhnliches gab es am Gipfelrand. "Cómo estás?" - Wie gehts? - begrüßte Obama den venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez in dessen Landessprache. Und Chávez revanchierte sich prompt: "Ich möchte dein Freund sein." Dann schenkte er Obama das Buch "Die offenen Adern Lateinamerikas" von Eduardo Galeano, das die Geschichte der jahrhundertelangen Ausbeutung Lateinamerikas durch die europäischen Mächte und die USA beschreibt. Später gab Chávez bekannt, wen er demnächst als neuen Botschafter nach Washington schicken will. Der alte musste im September 2008 seine Koffer packen, nachdem zuvor Chávez den US-Botschafter aus Caracas hinausgeworfen hatte.
Wirtschaftspolitisch konkret wurde Obama mit der Ankündigung, seine Regierung werde die Interamerikanische Entwicklungsbank (BID) mit weiteren 100 Millionen Dollar verstärken. Diese seien aber für kleinere Finanzierungsvorhaben bestimmt. Die lateinamerikanischen Oberhäupter hatten sich mehr für die BID und ihre klamme Region versprochen.
Ausgerechnet der von den USA mit Milliarden Dollar unterstützte Uribe brachte es auf den Punkt: "Wir brauchen dringend Finanzierungen, um unsere Sozialnetze aufrechterhalten zu können. Wenn keine Ressourcen kommen, marschieren wir in Richtung Anarchie und Gewalt", dramatisierte der kolumbianische Präsident nicht ohne Eigennutz. Uribe muss nächste Woche in Washington, um weitere Milliardenhilfen für den "Plan Colombia" betteln, mit dem er seit Jahren unter dem Deckmantel der Drogenbekämpfung die Guerilla bekriegt. Neben der Wende in der Kubapolitik, ist die kommende Ausgestaltung des "Plan Colombia" die zweite Nagelprobe für Barack Obama.
Dennoch blieb der Gipfel erstmals in seiner Geschichte ohne gemeinsame Abschlusserklärung. Venezuela, Bolivien und Nicaragua verweigerten dem vorfabrizierten Dokument wegen einseitiger Kritik an Kuba ihren Segen.
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