Auf Du und Du mit dem Tarif: Tarifverhandlungen im Einzelhandel gescheitert
■ Gewerkschaft lehnt Arbeitgeber-Angebot ab / Jetzt Urabstimmung
Hannover – Bei den Tarifverhandlungen für den niedersächsischen Einzelhandel rückt ein Scheitern in greifbare Nähe. Die Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV) lehnte gestern ein Angebot der Arbeitgeber für die 280.000 Beschäftigten strikt ab. „Eine Einkommensanhebung in dieser Höhe liegt unter dem, was wir in Nordrhein-Westfalen und Hamburg längst zurückgewiesen haben“, sagte HBV-Sprecher Peter Franielczyk. Sollte es keine Verbesserungen mehr geben, werde der Tarifkommission empfohlen, das Scheitern der Verhandlungen zu erklären und eine Urabstimmung einzuleiten. Auch bei den Arbeitgebern bestand wenig Hoffnung, zu einer Einigung zu kommen.
Die Einzelhändler hatten rückwirkend zum 1. Mai 2000 2,3 Prozent mehr Geld angeboten. Ab dem 1. Mai 2001 solle eine weitere Anhebung um 2,3 Prozent folgen, teilte der Unternehmerverband Einzelhandel mit. Die Laufzeit des Tarifvertrages solle 24 Monate betragen. Zudem verlangten die Arbeitgeber, dass ungelernte Kräfte künftig nach einer Übergangsfrist nicht mehr in die Lohngruppe der gelernten Beschäftigten aufrücken sollten. Die Vergütung für Auszubildende soll nach dem Arbeitgeberwillen im zweiten Jahr um 15 Mark und im dritten um 25 Mark steigen. Auszubildende im ersten Lehrjahr gingen nach dem Vorschlag leer aus.
Die HBV kritisierte das Angebot als völlig unzureichend. „Die Arbeitgeber wollen hier in Niedersachsen den so genannten Gülleabschlag durchsetzen“, sagte Franielczyk. Für den Unternehmerverband wies Sprecherin Karin Schindler-Abbes diese Darstellung zurück. Die angebotenen Einkommenszuschläge seien in anderen Tarifgebieten geringer ausgefallen.
Die HBV hatte eine Gehaltserhöhung um 5,5 Prozent sowie ein Mindesteinkommen von 2.500 Mark gefordert. Die Gewerkschaft drohte, auch Firmen bei der Weltausstellung Expo 2000 in Hannover müssten in einen Streik einbezogen werden. „Das wäre nicht schön, aber der einzig mögliche Weg“, sagte Franielczyk. dpa
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