Auch in Norddeutschland: Drittmittel aus dem Pentagon
Hochschulen und Institute im Norden erhielten Geld vom US-Verteidigungsministerium. Die Projekte hatten im engen Sinn keinen militärische Nutzen.
HAMBURG taz | Das US-amerikanische Militär hat Forschungsprojekte der Universitäten Bremen, Hamburg und Hannover sowie des Bremerhavener Alfred-Wegener-Instituts (AWI) finanziert. Nach Recherchen des NDR und der Süddeutschen Zeitung geht es dabei um einen Betrag von insgesamt gut einer halben Million Euro. Besonders brisant ist die Forschungsförderung im Falle der Uni Bremen, die erst 2012 ihre Zivilklausel erneuert hat: Darin fordert sie Wissenschaftler auf, sich nicht an militärischer Forschung zu beteiligen.
Die Umweltphysik der Uni Bremen hatte sich nach Auskunft von Hochschulsprecher Eberhard Scholz auf eine Ausschreibung des European Office of Aerospace Research and Development beworben, einer US-Einrichtung, die seit Jahrzehnten existiere. „Das ist der klassische Weg, um Drittmittel einzuwerben“, sagt Scholz.
Finanziert worden seien damit zwei Doktoranden-Stellen, die sich mit der Wechselwirkung zwischen Meteoritenstaub, der Sonne und der oberen Atmosphäre befassten. Dazu wertete man die Daten einer Messeinrichtung aus, die die Bremer mit dem inzwischen verloren gegangenen Forschungssatelliten Envisat ins All geschossen hatten. „Es handelt sich um rein zivile Grundlagenforschung“, versichert Scholz.
Was die deutschen Wissenschaftler mit dem Geld des US-Militärs erforscht haben:
Uni Bremen: Wechselwirkung zwischen Meteoritenstaub, der Sonne und der oberen Atmosphäre.
Uni Hamburg: Ausbreitung von Giftgas in der Atmosphäre, um bei Unfällen oder Anschlägen schnell reagieren zu können.
Alfred-Wegener-Institut: Lokalisierung von Walen in warmen Gewässern, um die Tiere nicht durch Schallortung zu verletzen. Außerdem haben die Amerikaner einen Workshop zur Überwachung der Permafrostböden mitfinanziert.
Der Hochschulsprecher gibt zu bedenken, dass es schwierig ist, eine rein zivile Forschung zu garantieren – weil Forschungsergebnisse unterschiedlich verwendet werden können. Die Zivilklausel sehe vor, dass Projekte, bei denen ein militärischer Nutzen nicht auszuschließen ist, in einem öffentlichen Verfahren geprüft werden. Am Ende stehe eine Empfehlung, an die sich der Wissenschaftler aber nicht halten müsse. Schließlich garantiere Artikel 5 des Grundgesetzes die Freiheit der Forschung.
Auf der Website der Uni Hamburg findet sich ein Newsletter vom Februar 2012, in dem von der Computersoftware CT Analyst berichtet wird, die kurz zuvor an die Innenbehörde übergeben worden war. Entwickelt habe diese Software das meteorologische Institut der Universität gemeinsam mit dem Naval Research Laboratory (NRL), dem Forschungsinstitut der US-amerikanischen Marine – als Reaktion auf den Terroranschlag vom 11. September 2001. Das Programm berechnet, wohin eine Giftgaswolke treibt, so dass Polizei und Feuerwehr schneller reagieren können.
Das AWI hat sich nach Auskunft seines Sprechers Ralf Roechert von der US-Marine die Erweiterung eines Forschungsprojekts zum Walschutz finanzieren lassen. Beim ursprünglichen Projekt, bezahlt vom Umweltbundesamt und dem Bundesforschungsminister, ging es darum, Wale in kaltem Wasser aufzuspüren. Das sei nun auf warme Gewässer ausgedehnt worden.
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