: Auch Bankiers verspekulieren sich
■ Deutsche Bank macht dieses Jahr deutlich weniger Gewinn
Frankfurt/Main (taz) – Die wuchtigen roten Marmorquader am breiten Treppenaufgang zum Konferenzraum der Deutschen Bank in einem der Zwillingstürme sind Symbole für die ökonomische Potenz der führenden deutschen Bank. Mit einer Zwischenbilanzsumme von 582,8 Milliarden Mark zum 31. Oktober 1994 hat die Deutsche Bank erneut das Haushaltsvolumen der Bundesrepublik Deutschland übertroffen – um knapp 100 Milliarden Mark.
Auf der Herbstpressekonferenz gestern in Frankfurt am Main platzte Vorstandsvorsitzender Hilmar Kopper vor Stolz auf das am Jahresende zu erwartende „zufriedenstellende Ergebnis“ fast aus dem Maßanzug. Kopper: „Unser Ehrgeiz ist es, gut zu bleiben – und besser zu werden.“ Schließlich feiere die Deutsche Bank 1995 ihr 125jähriges Jubiläum. Und solange der nationale Marktführer auch international „erfolgreich und breit angelegt“ bleibe, ziehe der gesamte Finanzplatz Deutschland daraus Nutzen. Damit war für Kopper das auch in der Bonner Regierungskoalition diskutierte Thema „Macht der Banken“ abgehakt: „Die Debatte gibt es doch schon seit dreißig Jahren. Es ist dazu alles gesagt worden – und es gibt keine neuen Fakten.“
Neue Fakten fanden sich aber in der vorgelegten Bilanz. Denn obgleich die Deutsche Bank die Bilanzsumme erneut steigern konnte, ging das Betriebsergebnis des Konzerns um 817 Millionen Mark auf 3,571 Milliarden Mark zurück. Als Grund nannte Kopper die gegenüber dem Vorjahr deutlich schwächeren Eigenhandelsergebnisse: An den schwachen Börsen haben die Banken sich in diesem Jahr auch auf eigene Rechnung gelegentlich verspekuliert. „Keinen Striptease“ wollte Kopper aber bei den zahlreichen Nachfragen der WirtschaftsjournalistInnen zu den Geschäften mit Derivaten – den Wettscheinen auf zukünftige Kursentwicklungen – vorführen. Man werde sich im Vorstand intensiv damit beschäftigen. Mit einem Informationsblatt zu den Risiken sei es wohl nicht mehr getan. Eingebrochen sei die Bank bei den Derivaten aber keineswegs. Im Eigenhandelsgeschäft insgesamt habe man immer noch mehr Gewinne erwirtschaftet als alle anderen deutschen Banken zusammen.
Das schwächere Betriebsergebnis des Konzerns schlägt sich auch beim Gewinn nach Steuern nieder. Der ging um 27,9 Prozent auf 1,35 Milliarden Mark zurück. Schuld daran sei die „hohe Steuerbelastung“. Daß Theo Waigel bei der Deutschen Bank diesmal ordentlich hinlangen kann, lag allerdings daran, daß der Vorstand „ein bißchen Daimler verkauft“ hat, und ein bißchen Karstadt. Da kam ein außerordentlicher Ertrag von 1,4 Milliarden Mark aufs Konto, der zwar zur Hälfte in eine sogenannte 6b-Rücklage umgewandelt wurde. Doch Steuern, so seufzte Kopper, würden nun einmal fällig, wenn ein Unternehmen Gewinn erwirtschaftet – „und wir wollen weiter Gewinn erwirtschaften“. Klaus-Peter Klingelschmitt
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