Attentat in Toulouse: Hier spricht der Terrorist
Mittwochnacht rief beim Fernsehsender France 24 ein Mann an und sagte, er sei der Attentäter von Toulouse. Weitere Anschläge würden folgen.
BERLIN taz | Ebba Kalondo, stellvertretende Leiterin des Afrika-Ressorts beim französischen Auslandsfernsehsender France 24 in Paris, schob gerade Nachtschicht als Chefin vom Dienst, als ihr Mittwoch um 1 Uhr früh von der Zentrale ein Anruf durchgestellt wurde.
Der Anrufer bekannte sich zu den Anschlägen von Montauban und Toulouse, nannte sich selbst Mitglied von al-Qaida in Frankreich und erklärte: „Das war nur der Anfang“. Weitere Anschläge in Paris, Lyon und Marseille würden folgen.
Die schlagfertige namibische Journalistin, die seit Jahren in Paris lebt und arbeitet, aber auch Erfahrung mit afrikanischen Krisengebieten und merkwürdigen Interviewpartnern hat, verwickelte den Anrufer in ein elfminütiges Gespräch. „Er war sehr ruhig, sprach sehr gut französisch und ergänzte seine Sätze durch arabische Ausdrücke“, berichtete sie später in Interviews.
Die französische Polizei hat zwei Tage nach dem Attentat auf eine jüdische Schule in Toulouse den mutmaßlichen Täter aufgespürt. Auch nach einer stundenlangen Belagerung eines Mehrfamilienhauses in der südfranzösischen Stadt zeichnete sich am Mittwochnachmittag kein Ende der Konfrontation mit dem 24-Jährigen ab.
Am Morgen wurden bei einem Schusswechsel zwischen dem Islamisten und der Polizei drei Beamte verletzt. Nach Angaben der Behörden gab der Franzose algerischer Herkunft Auslandseinsätze der französischen Armee und Rache für den Tod palästinensischer Kinder als Motiv an. (rtr)
Er sei ausgesprochen höflich und „eloquent“ gewesen. Er habe Täterwissen gehabt, aber einigen der veröffentlichten Einzelheiten über den Ablauf des Anschlags von Montauban – bei dem drei Soldaten starben – habe er widersprochen.
„Er erklärte, er sei gegen das Verschleierungsverbot und er kämpfe gegen die französischen Operationen in Afghanistan“, gibt Kalondo die Aussagen des mutmaßlichen Terroristen wieder. „Die Juden haben unsere Brüder und Schwestern in Palästina getötet“, habe er gesagt. Er kündigte an, Videos von seinen Taten ins Internet zu stellen.
Was könne man tun, damit er aufhört, fragte ihn Ebba Kalondo. „Entweder ich gehe ins Gefängnis und dann kann ich reden, oder ich sehe dem Tod mit einem Lächeln entgegen“, antwortete er ihren Angaben zufolge. Ob es sich tatsächlich um den 23jährigen Mohammed Merah handelte, der als Urheber der beiden Anschläge gilt, blieb allerdings offen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu
Er wird nicht mehr kommen
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Scholz bezeichnet russischen Raketeneinsatz als „furchtbare Eskalation“