Attentat in South Carolina: Terror in der Kirche
Ein weißer Attentäter hat mehrere Menschen einer schwarzen Gemeindekirche getötet. Die Polizei spricht von einem Verbrechen aus Hass.
Der langjährige Bürgermeister von Charleston, der Demokrat Joseph P. Riley, sprach von einem „furchtbaren“ Mann, der das Verbrechen begangenen habe. Und betonte, es handle sich um einen einzelnen Verbrecher, gegen den die ganze Community zusammenrücken müsse. Der Polizeichef und der Bürgermeister sind weiß. Vor der Pressekonferenz haben sie mit Opfern und Angehörigen gesprochen. Direkt nach der Tat versammelten sich 50 Pastoren von umliegenden schwarzen Gemeinden vor der Kirche. Zu jeder vollen Stunde bildeten sie einen geschlossenen Kreis vor der Kirche und beteten. „Wir wollen Frieden“, sagten Pastoren im Laufe des Abends zu Journalisten, „und wir wollen die Community unterstützen“. Auch zahlreiche Politiker eilten an den Tatort.
„Wir sind es leid“
Während Pastoren und Politiker beruhigende Worte sagten, wurden sie wiederholt von wütenden Afroamerikanern unterbrochen. „Natürlich wissen wir, warum das passiert ist“, rief ein Mann: „Es passiert immer wieder. Wir sind es leid.“ Ein Pastor sagte: „Ich bete hier für Frieden. Aber ich weiß nicht, ob die Angehörigen der Toten das wollen.“
Die Geschichte der Emanuel AME Kirche geht zurück ins Jahr 1816, als verschiedene Gemeinden sich von Charlestons Methodistenkirche abgespalten haben. Sie ist die älteste afroamerikanische Gemeinde südlich von Baltimore. Zu ihren Anfangszeiten waren rein schwarze Kirchen noch verboten und die Gemeindemitglieder trafen sich heimlich. Die Kirche liegt im Bundesstaat South Carolina, der von Sklaverei und von Rassentrennung bis in die 60er Jahre des 20. Jahrhunderts geprägt wurde.
Bis heute operieren dort mehrere Gruppen des rassistischen Geheimbundes Ku Klux Klan: Die „Loyal White Knights of the Ku Klux Klan“ und die „Original Knight Riders Knights of the Ku Klux Klan“. Im August 2013 organisierten verschiedene KKK-Gruppen im Nachbarbundesstaat North Carolina eine Demonstration für die „White Power“.
Gouverneurin Haley hat Waffengesetze liberalisiert
Die Nachricht von dem Terror in der Kirche erinnert an ein anderes Verbrechen in einer Kirche, bei dem im September 1964, in den Anfängen der Bürgerrechtsbewegung, vier afroamerikanische Mädchen umkamen. Mitglieder des KKK hatten Dynamit in der „16th Street Baptist Church“ in Birmingham, Alabama, gelegt und es während der Sonntagsmesse gezündet.
Vor dem State House von South Carolina weht neuerdings wieder die Flagge der Confederates. Unter dieser Flagge kämpften die Truppen des Südens (wozu South Carolina gehörte) im Bürgerkrieg für den Erhalt der Sklaverei. Im Jahr 2010 hat South Carolina die aus dem Tea Party Umfeld kommende, radikal rechte Republikanerin Nikki Haley zur Gouverneurin gewählt. Haley rechtfertigt die Flagge vor dem State House. Haley sagt, sie sei politisch unproblematisch und niemand müsse sich deswegen Sorgen machen: „Kein Unternehmen hat sich wegen der Flagge aus South Carolina zurück gezogen“.
Am Mittwochabend, kurz nach den Schüssen in der Kirche, erklärte Gouverneurin Haley: „Wir werden nie verstehen, was jemanden dazu motiviert, in ein Gebetshaus zu gehen und das Leben von anderen zu nehmen“.
Unter Führung von Gouverneurin Haley hat South Carolina auch seine Waffengesetze liberalisiert. Im Mai 2013 verabschiedete die General Assembly des Bundesstaates eine Resolution, in der sie Schusswaffen- und Munitionsherstellern, die nach South Carolina umsiedeln wollten, garantierten, dass sie willkommen seien und keine gesetzgeberischen Aktionen fürchten müssen.
Für Donnerstag haben mehrere afroamerikanische Kirchen zu einer Mahnwache vor der Emanuel AME Kirche aufgerufen. „Wir wollen mit der ganzen Community beten“, sagte Norvell Goff, der Alterspräsident der Emanuel AME Kirche.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Schwedens Energiepolitik
Blind für die Gefahren
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag