Attentäter von Boston: Zum Tode verurteilt
Per tödlicher Injektion soll der überlebende Attentäter vom Boston-Marathon exekutiert werden. Beobachter rechnen mit einem jahrelangen Berufungsverfahren.
BOSTON ap | Der überlebende Attentäter des Boston-Marathon ist zum Tode verurteilt worden. Nach 14 Stunden langen Beratungen fällten die zwölf Geschworenen ihre Entscheidung über Dschochar Zarnajew am Freitag in Boston einstimmig. Der 21-Jährige soll per Giftspritze hingerichtet werden. Die Jury hatte ihn bereits im April in allen Anklagepunkten für schuldig befunden. Damit dürfte der spektakulärste US-Terrorprozess seit Jahrzehnten aber nicht abgeschlossen sein. Denn Beobachter rechnen mit einem jahrelangen Berufungsverfahren.
Gemeinsam mit seinem älteren Bruder Tamerlan hatte Zarnajew im April 2013 zwei mit Schrapnell gefüllte Sprengsätze unweit des Zieleinlaufs des Boston-Marathons gezündet. Drei Menschen kamen um, mehr als 260 wurden verletzt. Die Attacke und die darauffolgende Verfolgungsjagd auf die Geschwister hielt die Ostküstenmetropole tagelang in Atem. Auf ihrer Flucht erschoss einer der Brüder einen Beamten. Tamerlan Zarnajew wurde später bei einer Konfrontation von der Polizei getötet.
Zarnajew nahm das Urteil mit gefalteten Händen zur Kenntnis. Die einzige Alternative zur Todesstrafe war lebenslange Haft ohne die Möglichkeit für eine vorzeitige Entlassung. Diese Strafe hätte der Angeklagte auch erhalten, wenn nur einer der Geschworenen gegen die Todesstrafe gestimmt hätte.
Im Prozess hatte die Anklage den 21 Jahre alten Attentäter als kaltblütigen Terroristen dargestellt und seinen Tod gefordert. Bevor sich die Geschworenen zur Beratung zurückzogen, sagte Staatsanwalt Steve Mellin, Zarnajew habe ein politisches Signal setzen und seinen Opfern deshalb soviel Schmerz wie möglich zufügen wollen. „Eine Person nur zu töten ist nicht so schreckenerregend, wie sie zu zerreißen“, sagte er und präsentierte große Fotos des achtjährigen Martin Richard, der bei den Anschlag getötet wurde.
Keine Reue
Die Verteidigung räumte Zarnajews Beteiligung an der Bluttat ein, beschrieb den Angeklagten jedoch als Mitläufer seines älteren Bruders und plädierten für lebenslange Haft. Tamerlan sei die treibende Kraft bei dem Anschlag gewesen und habe den Angeklagten in die Irre geführt. Die beiden wollten sich an den USA für den Tod von Muslimen rächen.
Die Jury kam allerdings zum Schluss, dass Zarnajew keine Reue gezeigt habe. Zudem folgte sie der Darstellung der Staatsanwälte, wonach er auf gleicher Augenhöhe mit seinem Bruder agiert habe.
Formal spricht Richter George O'Toole das Urteil zu einem späteren Zeitpunkt. Zuvor sollen die bei dem Anschlag Verletzten noch einmal zu Wort kommen. Auch Zarnajew darf sich noch einmal äußern. Er ist Tschetschene und stammt aus dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion.
Sydney Corcoran, der von den beiden Bomben so schwer verletzt wurde, dass er beinahe verblutet wäre, sagte, das Urteil sei gerecht, weil der Angeklagte selbst nach dem Motto „Auge um Auge“ verfahren sei. „Ich denke, jetzt wird er verschwinden und wir sind in der Lage weiterzugehen“, sagte Corcoran, dessen Mutter bei dem Anschlag beide Beine verlor.
Zarnajews Vater Ansor seufzte nur tief, als er am Telefon um eine Stellungnahme gebeten wurde. Dann legte er den Hörer auf. US-Justizministerin Loretta Lynch nannte das Strafmaß angemessen. Zarnajew habe kalt und gefühllos ein schreckliches Verbrechen begangen.
Im als liberal geltenden US-Staat Massachusetts ist ein Todesurteil zuletzt im Jahr 1947 vollstreckt worden. Im Vorfeld des Prozesses gegen Zarnajew regten sich Stimmen, die sich gegen eine Exekution aussprachen. Sie befürchten, dass dies nur dessen Verlangen nach einem Martyrertod befriedigen würde. Selbst die trauernden Eltern des achtjährigen Todesopfers des Anschlags riefen die Staatsanwaltschaft öffentlich zur Abkehr von der Todesstrafe gegen Zarnajew auf. Es wird erwartet, dass Zarnajew in den Todestrakt der Haftanstalt Terre Haute in Indiana kommt.
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