piwik no script img

Attacke auf Krista Sager

GAL: Zum Entsetzen der Realos will die Parteilinke Anna Bruns gegen die designierte Spitzenkandidatin Krista Sager antreten  ■ Von Silke Mertins

Gemütlich machte man sich am Dienstag abend nach der Landesvorstandssitzung auf den Nachhauseweg. Im Auto des GAL-Geschäftsführers platzte dann die Bombe: Ob die Buschtrommeln ihr schon zugetragen hätten, daß Anna Bruns gegen sie antreten will, fragte Parteisprecherin Antje Radcke ihre Kollegin Krista Sager. Hätte Spitzenkandidatin Sager nicht schon gesessen, wäre das nun sicher nötig gewesen: Sie hatte keine Ahnung. Daß die Linke doch noch mit einer Gegenkandidatin aufwarten würde, war zum jetzigen Zeitpunkt eigentlich abwegig.

„Ich bin selbst überrascht, daß die Sorge, die GAL könnte zu einer linken FDP werden, so virulent ist“, erzählt Sozialpolitikerin Anna Bruns. Als die Linken sich am Montag abend trafen, habe sich die überwältigende Mehrheit für eine „Doppelspitze“ausgesprochen. Da der zweite Listenplatz ohnehin den Linken „gehört“, kann das nur eines bedeuten: Es wird einen Kampf um die Spitze geben. „Ich will Krista Sager etwas entgegensetzen“, sagte Bruns. Viele in der GAL könnten sich mit ihrer realpolitischen Linie nicht identifizieren. Das müsse auch in der Kandidatenaufstellung zum Ausdruck kommen.

„Es geht nicht darum, Krista Sager zu demontieren“, beeilt sich Radcke zu betonen. Sie selbst habe mit daran gearbeitet, daß Bruns antritt. „Der Partei wird es gut bekommen, wenn es eine Alternative gibt.“Gleichzeitig sei es ein Befreiungsschlag der Linken aus einer „unbestimmbaren Lähmung“, der „Leben in die Bude“bringe. Zu der unvermuteten Wende will Krista Sager nicht mehr sagen, als daß sie „überrascht“ist.

GAL-Fraktionschef und Sager-Intimus Willfried Maier tobte hingegen gestern wütend durchs Rathaus. Er wisse wirklich nicht, was Bruns „Konkurrenzmotiv zu Krista“sei. Hätte man damit nicht früher kommen können? Und um welche anderen Inhalte ginge es denn überhaupt? Seit langem würde in der Linken „gescharrt, aber nicht klar gesagt, welchen alternativen Politikentwurf“sie denn zu bieten hätten. „Daß das links sein soll, beleidigt mich geradezu“, schimpft er. Denn traditionell hätte links etwas „mit dem Kopf zu tun“und nicht wie in diesem Fall „mit dem Bauch“, wobei „dieses Körperorgan sicher auch seine Berechtigung hat“. Der „Überraschungscoup“sei jedenfalls „keine vertrauensbildende Maßnahme“. Für klassische „GAL-Spielchen“hält auch Realo-Verkehrs-Experte Martin Schmidt die Gegenkandidatur. „Ich dachte, das hätten wir hinter uns.“

Doch die Linken erhoffen sich von einer eigenen Spitzenfrau eine bessere Repräsentanz der Flügel im Wahlkampf. „Anna Bruns symbolisiert eine ganz andere Politik“, drückt GALierin Susanne Uhl die Stimmung aus. Sie zum Beispiel ist eine entschiedene Gegnerin der von Maier favorisierten „Gemeinwohlarbeit“. Migrations- und Sozialpolitik müßten „gleichrangig“zu anderen Politikfeldern behandelt werden, fordert Bruns. „Wir brauchen Mut zu Reizthemen.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen