Attac-Gründungsforderung beschlossen: Europaparlament will Finanzsteuer
Das EU-Parlament hat beschlossen, sich für die Einführung einer Finanztransaktionsteuer in der EU einzusetzen. Außerdem geht es gegen Leerverkäufe und Steuerflucht.
BERLIN taz | Eine große Mehrheit der Parlamentarier stimmte am Dienstag einem Bericht der sozialistischen Abgeordneten Anni Podimata zu, der die Einführung der Steuer auch dann vorsieht, wenn der Rest der Welt nicht mitzieht. Eine Einführung der Steuer auf Europaebene könne durchaus funktionieren, erklärte der Grünen-Abgeordnete Sven Giegold: "Der Verweis auf die globale Ebene entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als Ausrede, denn viele Finanztransaktionen sind gar nicht verlagerbar."
Die Einführung einer Finanztransaktionsteuer auf alle Umsätze mit Wertpapieren und Devisen ist wesentliche Gründungsforderung von Attac. Die Steuer soll spekulative Exzesse eindämmen und zugleich für höhere Einnahmen sorgen. Detlev von Larcher, Mitglied von Attac und der Kampagne "Steuer gegen Armut", forderte die EU-Kommission und die Regierungen der Mitgliedstaaten auf, "den Beschluss des Parlaments ohne Zögern umsetzen".
Ebenfalls eine Mehrheit fand der Bericht der Grünen-Abgeordneten Eva Joly zur Bekämpfung der Steuerflucht nicht zuletzt auch aus Entwicklungsländern. Der Bericht sieht unter anderem die Bekämpfung von Steueroasen und einen automatischen grenzüberschreitenden Informationsaustausch der Finanzämter vor.
Zudem verabschiedete der Wirtschaftsausschuss am Dienstagabend eine Vorlage, die ungedeckte Leerverkäufe zumindest einschränken soll. Mit solchen Geschäften wetten Spekulanten auf fallende Kurse, indem sie Wertpapiere verkaufen, die sie noch nicht besitzen. Sie hoffen, sich die Papiere später, wenn sie dem Käufer liefern müssen, zu einem niedrigeren Kurs beschaffen zu können. In Deutschland waren solche ungedeckten Leerverkäufe nach Ausbruch der Finanzkrise verboten worden.
Die Europaparlamentarier stimmten nun einer geplanten Verordnung zu, wonach Leerverkäufe zumindest am Ende des Handelstages gedeckt sein müssen. Das heißt: Bis dahin muss sich der Spekulant die Wertpapiere zumindest geliehen haben. Der Wirtschaftsausschuss wendete mit diesem Votum einen Versuch der Finanzwirtschaft ab, den von der EU-Kommission vorgelegten Entwurf aufzuweichen. Nun stehen Verhandlungen zwischen Parlament und Ministerrat über die Verordnung an. Bislang stellt sich hierbei allerdings die britische Regierung quer.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Demokratieförderung nach Ende der Ampel
Die Lage ist dramatisch