: Atomtesterei
■ betr.: „Eine starke, von den USA unabhängige Abschreckung“, In terview mit Jean-Pierre Chevène ment, taz vom 3. 7. 95
Da bildet sich jener Jean-Pierre Chevènement doch glatt ein, Frankreich wolle mit seiner Testreihe mit alten Atombomben Europa vor dem Bösen beschützen. Welches Böse das nun ist, weiß er nicht so genau. Aber er muß Europa davor beschützen. Und deshalb sprengt Frankreich den Pazifik in die Luft. Natürlich umweltverträglich. Und damit der Atomteststopp 96 schneller unterzeichnet wird. So viel blanken Unsinn habe ich selten aus dem Mund eines Politikers gehört.
Warum sollte man so gefährliche Experimente mit überalterten Bomben machen, wenn man sein Abschreckungspotential auch durch Abwracken der alten Bomben und gelegentlichem Neubau der bewährten Modelle erhalten kann? Vielleicht, weil's dann nicht mehr so schön kracht und die Welt vergißt, daß die Käse-und-Rotwein-Großmacht auch nukleare Knallfrösche hat? Oder ist es doch der billigste Weg, ein paar Tonnen hochradioaktiven Abfall aus französischen Atomanlagen mit ein paar Atombombentests loszuwerden, indem man sie einfach mit in die Luft jagt?
Jedenfalls boykottiere ich französische Lebensmittel, auch wenn alle „Experten“ mir erzählen wollen, dies würde die Nazis in Frankreich stärken. Ich habe jedenfalls den Eindruck, französische Bauern und Lkw-Fahrer bewegten im letzten Jahrzehnt politisch mehr in Frankreich als die Bundesregierung und die EU zusammen. Lothar Fritsch, Saarbrücken
Warum sagt das keiner: „Mit Atomkraftwerken im eigenen Land ist grundsätzlich jeder leicht erpreßbar und somit nicht verteidigungsfähig, egal, ob er modernste Atomwaffen hat oder nicht.“ Eine banale Mittelstreckenrakete in ein zentrales KKW, und aus ist es mit der Grande Nation!
Die superschlauen Betreiber dieses nuklearen Wahnsinns wissen sicherlich, welcher Wahnsinn da veranstaltet wird. Es läßt sich aber damit bestens Geld verdienen und Macht ausüben. Engstirnigen Fachidioten ist sowieso ihr Metier wichtiger, und alle politisch erfolreich tätigen Fassaden-Kasperl des real existierenden christlichen Abendlandes glauben sowieso alles, was aus dieser Ecke kommt.
Massive Volksverdummung läßt sich aus solchen widersprüchlichen Fakten trefflich verdeutlichen. Es lebe eigenverantwortlicher Anarchismus! Manfred Döhlinger, Northeim
Jetzt, da das kleinere Übel „Brent Spar“ vorläufig und mit einer gezielten Aktion aus dem Weg geräumt ist, wäre es ganz gut, wenn die Europäer gegenüber Frankreichs Absicht, Atombombenversuche vor unserer Haustür im Pazifik wieder aufzunehmen, die gleiche Chuzpe zeigen könnten. Trotz einiger guter Absichten „down under“ fehlen Australien und dem Pazifik-Forum genügend Muskeln – sprich Wirtschaftskraft – sich gegen Chiracs nuklearen Gaullistenwahn zu behaupten. Nur die Solidarität und Aktionen in der Größenordnung, die Shell in die Knie gezwungen haben, können uns jetzt vor einer möglichen Umweltkatastrophe im Pazifik und einer Eskalation weiterer Tests durch andere Nuklearmächte bewahren. Martin Braach-Maksvytis,
Sidney, Australien
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