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Atomstreit mit IranUSA warnen erneut vor Angriff

Russland und Israel bekräftigen, eine weitere Holocaust-Leugnung durch den Iran nicht zuzulassen. Hillary Clinton sieht die Gefahr der Revolutionsgarden, die immer mehr Macht übernehmen würden.

Geliebt von seinen Anhängern, die immer mehr von den Revolutionsgarden dominiert werden: Präsident Mahmud Ahmadinedschad. Bild: ap

TEHERAN/TEL AVIV/MOSKAU dpa | US-Generalstabschef Michael Mullen hat während eines Besuchs in Israel vor einer weiteren Eskalation im Atomkonflikt mit Teheran gewarnt. Ein Krieg mit dem Iran wäre "ein großes Problem für alle", sagte Mullen nach israelischen Armeeangaben vom Montag. "Ich mache mir Sorgen über die nicht beabsichtigten Folgen eines Angriffs", sagte er den Angaben zufolge am Vorabend in der US-Botschaft in Tel Aviv. Er schloss einen Angriff nicht aus, sagte jedoch zugleich: "Wir sind noch nicht an diesem Punkt angelangt. Die diplomatischen Bemühungen müssen bis zum Ende ausgeschöpft werden."

Mullen erklärte, der Iran könnte nach US-Einschätzung innerhalb von ein bis drei Jahren Atombomben bauen. "Ich bin sehr besorgt über ihre Rhetorik und ihr Programm zur Uran-Anreicherung", sagte er. Der Iran untergrabe die Stabilität in der Region. "Die USA hat sehr ernsthafte Absichten, harte Sanktionen zu verhängen, und ich hoffe sehr, dass dies den Konflikt beenden wird."

Der Atomstreit mit dem Iran sollte auch im Mittelpunkt der Gespräche stehen, die der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu am Montag in Moskau begann. Bei einem Treffen mit Kremlchef Dmitri Medwedew wollte Netanjahu um Zustimmung Russlands zu harten Sanktionen gegen die Führung in Teheran werben. Auch Moskau hatte den Iran zuletzt mit Nachdruck zum Einlenken aufgefordert und vor einer Eskalation des Konflikts gewarnt.

Derweil treibt Teheran das Verwirrspiel um sein Atomprogramm weiter. Am Montag sagte der Chef der iranischen Atomenergiebehörde, Ali Akbar Salehi, Frankreich und Russland hätten ein neues Angebot zur Anreicherung von iranischem Uran im Ausland vorgelegt, was Paris umgehend zurückwies. Auch die iranische Botschaft in Moskau teilte laut Interfax auf Anfrage mit, dass man von neuen Vorschlägen nichts wisse.

Salehi erklärte, Teheran prüfe das Angebot. Würden die Bedingungen Teherans erfüllt, wolle der Iran seine bereits begonnene Anreicherung von Uran auf 20 Prozent stoppen. "Herr Salehi muss wissen, dass das von der (Internationalen Atomenergiebehörde) IAEA im vergangenen Oktober vorgelegte Angebot das einzige ist", erklärte das Pariser Außenministerium. Auf dieses Angebot gebe es "bisher keine zufriedenstellende Antwort".

Ein Diplomat in Wien sagte der dpa, er sei sich nicht sicher, worauf sich Salehi in seinen Aussagen beziehe. Jedoch könnte damit ein Vorschlag gemeint sein, den die USA vergangene Woche vorgelegt haben und bei dem es darum geht, dem Iran sogenannte radioaktive Isotope für den Einsatz etwa in der Krebstherapie zu beschaffen. Dies würde die Urananreicherung in der iranischen Atomanlage in Natans unnötig machen.

Die Führung in Teheran hatte sich zunächst monatelang geweigert, auf einen von der IAEA in Wien ausgearbeiteten Kompromiss zum Uranaustausch einzugehen. Dann hatte Präsident Mahmud Ahmadinedschad vor knapp zwei Wochen überraschend ein Einlenken signalisiert, um wenig später erneut zurückzurudern. Vergangene Woche verkündete er, der Iran habe nun mit der Anreicherung auf 20 Prozent in Natans begonnen und bereits eine erste Charge des hochangereicherten Materials hergestellt. Der Mullah-Staat habe auch das Know-how für den Bau der Atombombe, jedoch nicht die Absicht, diese herzustellen.

US-Außenministerin Hillary Clinton sieht den Iran auf dem Weg zu einer Militärdiktatur. Die Revolutionsgarden verdrängten das politische System im Iran immer mehr, sagte Clinton bei ihrem Besuch am arabischen Golf in Doha (Katar) vor Studenten. "Der Iran bewegt sich auf eine Militärdiktatur zu", sagte Clinton. Die Revolutionsgarden wollten die Macht des Obersten Führers, des Präsidenten und des Parlaments übernehmen, sagte sie in einem Interview des arabischen Sender Al-Dschasira.

Die USA würden diplomatischen Druck auf die Revolutionsgarden ausüben und auf Unternehmen, die von ihnen kontrolliert werden. Diese spielten eine große Rolle etwa in der Energieversorgung, in der Raketenproduktion sowie in der Telekommunikation, sagte Clinton weiter.

Die Revolutionsgarden wurden ursprünglich zum Schutz der Islamischen Republik nach der Revolution von 1979 aufgestellt. Heute wird ihnen vorgeworfen, den Kampf gegen innenpolitische Regimegegner zu führen. Sie stehen dem erzkonservativen Ahmadinedschad nahe und haben großen Einfluss in Regierung, Parlament und Geheimdienst.

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15 Kommentare

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  • Q
    qwertz

    @Flo

     

    wie kommst du darauf, dass die iranische Regierung die Erde mit Atombomben zupflastern will?

    Und komm nicht damit, dass Ahmadinejad Isarael von der Landkarte ausradieren möchte. Das habe ich schon mal bei dir gelesen! Er wurde mit Absicht falsch zitiert!

     

    Wie immer wenn die freie Welt Kriege anfängt, ist das erste Opfer die Wahrheit. Hierzu gibt es viele Beispiele.

     

    Ahmadinejad hat gesagt:"Das Besatzungsregime Israels muss Geschichte werden."

    Und das ist Völkerrechtlich eine korrekte Aussage.

    Die katolischen Bischöfe haben sich viel drastischer über die israels Gettopolitik geäussert.

     

    Dass Ahmadinejad ein Irrer Mensch ist gebe ich dir vollkommen recht. Aber das sind Bush, Netanjahu und der Italiens Ministerpräsident auch.

     

    Ahmadinejad will mit diesen dummen Sprüchen die Bevölkerung von den innenpolitischen Problemen seines Landes ablenken und nicht die Welt in Brand setzen.

    Das machen ja die USA und seine Verbündeten schon seit Jahrzehnten.

     

    Die Mulahas wollen nur die Atombombe damit sie von USA in Ruhe gelassen werden wie Nordkorea. Somit könnte die westliche Welt nicht mehr so

    leicht ein Krieg anfangen um letztendlich die Öl und Gasreserven auszubeuten.

  • P
    Publicola

    Hinzuweisen ist auf die beträchtliche wirtschaftliche Einwirkung, Reichweite und Macht der Revolutionären Garden. Das Korps beherrscht sowohl das reguläre, legale Wirtschaftsgeschehen wie auch die Schatten- und Schwarzwirtschaft Irans mit einem Marktanteil von einem Drittel bis zu zwei Dritteln des Bruttoinlandprodukts. Die Pasdaran sind ein Wirtschaftsunternehmen, ein Mischkonzern und Geschäftskonglomerat unter Waffen.

     

    Quelle:

    “The financial power of the Revolutionary Guards”, in: The Guardian, 16.02.2010

     

    http://www.guardian.co.uk/world/2010/feb/15/financial-power-revolutionary-guard

  • G
    Guido

    @atypixx:

    Klingt nach Guantanamo,Abu Ghraib und Bagram,

    Ihre Beschreibung.

  • P
    Publicola

    "Der Iran bewegt sich auf eine Militärdiktatur zu"

     

    Ein Vergleich des Irans mit einem europäischen Land (Deutschland) kann die polizeilich-militärischen Parallelorganisationen als ein strukturelles Hindernis für die anstehenden gesellschaftlichen Veränderungen deutlich machen:

     

    IRAN

    • Bevölkerung: ca. 74.000.000 Einwohner

    http://en.wikipedia.org/wiki/Iran

    • die reguläre Armee hat eine Stärke von ca. 820.000 Personen (1,1% der Bevölkerung)

    • 60.000 Polizisten dem Ministerium des Innerens unterstellt, einschließlich Grenzschutzpersonal (0.08% der Bevölkerung)

    http://en.wikipedia.org/wiki/Law_enforcement_in_Iran#Secret_police_organizations

    • die Revolutionäre Garden mit ca. 125.000 Mann (0.17% der Bevölkerung),

    • die Basidschi, eine freiwillige paramilitärische Organisation, kontrolliert von den revolutionären Garden. Die Mitgliederanzahl umfasst vermutlich 12.6 Million, einschließlich Frauen, von denen möglicherweise 3 Million kampffähig sind (4% bis 17% der Bevölkerung)

    http://en.wikipedia.org/wiki/Islamic_Republic_of_Iran%27s_military

     

    DEUTSCHLAND

    • Einwohner: ca. 82.000.000

    http://en.wikipedia.org/wiki/German

    • Polizeikräfte insgesamt: ca. 247.000 (0,30% der Bevölkerung)

    http://de.wikipedia.org/wiki/Polizei_%28Deutschland%29#Personal

    • Bundeswehr, d.h. aktiv plus Reservepersonal: ca. 610.000 (0,74% der Bevölkerung)

    http://en.wikipedia.org/wiki/Bundeswehr

     

     

    VERGLEICH DEUTSCHLAND/IRAN

    Die Zahl der funktionalen Polizeikräfte ist beträchtl. niedriger als die deutschen Zahlen.

    Dieser Unterschied wird mehr als ausgeglichen, wenn man die IRGC (Revolutionären Garden)- plus Basiji-Kräfte – (semi-)bewaffnete parapolizeiliche/-militärische Kräfte (4.2% bis 17.2%) in die Berechnung mit einbezieht, Sicherheitskräfte, die auf ideologisch-fanatisierter Grundlage agieren.

     

    [unabhängig vom möglichen moderaten Wählerverhalten und von den möglichen moderaten politischen Ansichten von Mitgliedern dieser Kräfte unterliegen diese im Dienst dem Prinzip „Befehl und Gehorsam“.]

     

    Hinzu kommt die beträchtliche wirtschaftliche Macht der IRGC (Pasdaran / Sepah / Revolutionären Garden), die die gesamte Gesellschaft durchdringt.

     

    Eine schwierige Aufgabe, die die demokratische, „grüne“ Bewegung zu bewältigen hat.

  • O
    otoman

    ....genau wie beim Irak Krieg, gleiche Spielchen.

    ....Lügen und dann Besetzen der Ölfelder!!!

  • F
    Flo

    "Schaut euch mal Nordkorea und co an. DAS sind Atommächte. Und mit denen legt sich auch niemand an. Die haben nämlich zur Abwechslung WIRKLICH Atomwaffen und würden die auch einsetzen. Das will ja keiner. Gegner die sich wehren können sind doof. Mit denen will niemand spielen."

     

    Das hat wohl eher was mit "die dort an der Macht sind, sind komplett Irre und würden ohne zu zögern die Erde mit Atombomben zupflastern" und weniger mit "Gegner die sich wehren können sind doof" zu tun. Und wenn man sich schon mit nem Spinner rumschlagen muss, der keine Skrupel hat die Erde zu zerstören, braucht man nicht auch noch einen Zweiten noch Bekloppteren mit Atombomben auf dem Schoß dessen Verständnis von Menschenleben noch nicht mal im Mittelalter angekommen ist.

     

    Support the anglo-american cultural imperialism! ;-)

  • A
    atypixx

    @ Guido

     

    Dein Link ist wirklich sehr interessant. Allerdings gibt es im Iran bestialische Folterknäste für politische Gegner. 20 Mann in einer Zelle, kleiner Lüftungsschlitz, Kot und Urin muss in die Zelle gemacht werden, Folter, Vergewaltigungen, das ganze abartige Programm. So gesehen ist es ja schön, was Herr A. erzählen mag, aber...

  • H
    Humus

    Die amerikanisch-isralische Strategie für den Nahen Osten lautet sowieso Destabilisierung mit allen Mitteln, um sich im Chaos mit Ihrer Militärmacht interponieren zu können. Je instabiler eine Gegend ist, desto stärker werden präzivilisatorsche Machtfaktoren wie z.B. Vernichtungsdrohungen psychologisch gewichtet.

     

    Regionales Chaos ist gerade dass was die Axe Washington-Berlin-Tel Aviv in der Region verursachen möchte, sonst würden sie z.B. nicht seit Jahrzehnten dem Iran mit einem Angriffskrieg drohen, da solche Drohungen das Rüstungswettrennen ja nur beschleunigen.

  • S
    Sebastian

    Das ist leicht zu beantworten. Beabsichtigt ist ein Angriff auf Atom- und Industrieanlagen, angebliche Lager mit Massenvernichtungswaffen etc. Alles zum guten Zweck versteht sich. Und unnbeabsichtigt ist dann die Bombardierung ziviler Einrichtungen, von Wohnvierteln, Schulen, Krankenhäusern usw. Der darauf folgende jahrelange und nicht enden wollende Krieg dürfte auch unbeabsichtigt sein. Irgendwie kommt mir das alles sehr bekannt vor.

  • TF
    the fnord

    Nichts als Propaganda um das Lieblingsfeindbild aufrecht zu erhalten. Was wäre die westliche Welt ohne ihre alltägliche Angst vor allem und jedem, bösen Bombenlegern aus Nahost und Bla Bla Bla?

     

    Als wenn ein Land wie Iran irgendeine ernsthaft Bedrohung darstellen würde. Schaut euch mal Nordkorea und co an. DAS sind Atommächte. Und mit denen legt sich auch niemand an. Die haben nämlich zur Abwechslung WIRKLICH Atomwaffen und würden die auch einsetzen. Das will ja keiner. Gegner die sich wehren können sind doof. Mit denen will niemand spielen.

     

    Gibt es auch "echte" Nachrichten?

  • G
    Guido

    "Russland und Israel bekräftigen, eine weitere Holocaust-Leugnung durch den Iran nicht zuzulassen."

    Wo bezieht sich der Text auf diese Überschrift ??

     

    Zur Holocaustleugnung:

    http://www.arbeiterfotografie.de/iran/index-iran-0011.html

     

    Clinton's Bedenken einer drohenden "Militärdiktatur"

    sindscheinheilig:

    "She also blasted Iran for becoming `a military dictatorship,’ seemingly heedless of the fact that Egypt, one of America’s key Arab allies, has been a military dictatorship for decades. Or that Washington is now all smiles and hugs with the ghastly dictatorship in Uzbekistan where opponents of the regime are boiled alive. Such selective morality is a leading cause of anti-Americanism around the globe."

    http://www.ericmargolis.com/political_commentaries/irans-ahmadinejad-strikes-again.aspx

  • H
    hyllermann

    Mal ganz ehrlich...

     

    wer droht hier jetzt mit Krieg, Militärschläge usw.??

     

    Auf jeden fall nicht der Iran!

     

    Wer auf dieser Welt sind die friedlichste Nationen?

     

    Auf jeden fall nicht die USA und seine Verbündeten!

     

    Wer hat als einzigstes Land auf dieser Erde NICHT das Recht auf Atomenergie?

     

    Genau - der Iran!

     

    Da steckt vieles mehr dahinter - lässt Euch nicht verblenden durch die dauernd wiederholte Nachrichten!

  • L
    lutfi

    "Russland und Israel bekräftigen, eine weitere Holocaust-Leugnung durch den Iran nicht zuzulassen"

    In welcher Stelle des Textes kommt der obige Satz vor?

    Was hat der obige Satz mit dem gesamten Text zu tun?

  • GI
    Guder Ian

    @ Sonja:

     

    Die Folgen eines Angriffs wären wohl "Krieg":

     

    Zusätzliche Bindung eigener militärischer Ressourcen in der Region

     

    sowie

     

    Gefährdung ökonomischer Ressourcen nicht nur durch eigenen Aufwand sondern auch durch zu erwartende iranische Vergeltungsmaßnahmen, wie etwa durch den Beschuss von Förderanlagen in der gesamten Region oder die Blockade wichtiger Transportouten.

     

    Und außerdem wahrscheinlich:

    zahlreiche zivile Opfer.

  • S
    sonja

    Was wären denn die "unbeabsichtigten" folgen eines angriffs?