Atomkraft in Deutschland: Konzerne kommen wohl davon
Umweltverbände wollen die Konzerne über den Atommüll-Deal zahlen lassen. Die SPD will eine neue Brennelementesteuer.
Pläne, sich das Geld auf anderen Wegen von den Konzernen zu holen, gibt es in der Regierung derzeit aber nicht. Grüne und Linke erhoben schwere Vorwürfe gegen die Regierung. Umweltverbände kritisierten vor allem, dass sich die PolitikerInnen in Berlin trotz der laufenden Klage im Dezember 2016 mit den AKW-Betreibern auf einen Deal geeinigt hatten, diesen – gegen eine Einmalzahlung – die Verantwortung für die Atommüll-Endlagerung abzunehmen. „Jetzt bekommen Eon, RWE und Co von den 24 Milliarden, die sie an den Staat übertragen, auf einen Schlag 6 Milliarden zurück“, sagte Jochen Stay von der Initiative Ausgestrahlt.
Der BUND forderte nun, die rückerstatteten Gelder zusätzlich von den Konzernen zu verlangen. Zwar sei das Gesetz zu dem Atommüll-Deal schon verabschiedet, nicht aber die Verordnung, in der die genauen Beträge festgelegt werden, sagte Energieexperte Thorben Becker. „Dort kann die einzuzahlende Summe noch erhöht werden.“
Davon will das zuständige Bundeswirtschaftsministerium aber nichts wissen. Für den Fonds und die Verordnung „ergeben sich aus der Entscheidung keine Änderungen“, teilte das von Brigitte Zypries (SPD) geführte Haus mit. Die Brennelementesteuer sei „nicht Gegenstand des Entsorgungsfonds“ gewesen. Auch das Umweltministerium geht davon aus, dass das Urteil „keinerlei Auswirkungen“ auf die Vereinbarung mit den Konzernen hat. Eine andere Möglichkeit, das Geld von den Konzernen doch noch zu bekommen, wäre eine Neuauflage der Brennelementesteuer, die zum Jahresende 2016 ausgelaufen war. Das forderte am Donnerstag SPD-Fraktionsvize Carsten Schneider. „Die Atomwirtschaft muss auch ihren finanziellen Beitrag leisten“, sagte er. „Ich erwarte vom Finanzminister nun einen regulären Gesetzentwurf, der den Bedenken des Verfassungsgerichts Rechnung trägt.“
Notfalls Verfassung ändern
Im Umweltministerium stößt das auf Zustimmung: „Wir brauchen jetzt eine neue Brennelementesteuer“, sagte Staatssekretär Jochen Flasbarth der taz. „Notfalls muss dazu die Verfassung geändert werden.“ Im Finanzministerium seien aber keine entsprechenden Pläne bekannt, sagte Schäubles Sprecher.
Erstattet werden soll die gezahlte Brennelementesteuer noch 2017 aus normalen Haushaltsmitteln. Das sei wegen der aktuellen Überschüsse ohne neue Schulden und ohne Nachtragshaushalt möglich, so das Finanzministerium. Zusätzlich zu den 6,3 Milliarden Euro Steuern haben die Konzerne Anspruch auf 6 Prozent Zinsen pro Jahr, sodass die Gesamtsumme bei rund 7 Milliarden Euro liegt. Gegengerechnet wird möglicherweise die Unternehmensteuer, die aufgrund der Brennelementesteuer niedriger ausgefallen ist. Dies wird derzeit geprüft.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt