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Atomfässer in der AsseIst die Rückholung technisch machbar?

Um das marode Bergwerk Asse zu schließen, müssten alle verrosteten Atomfässer herausgeholt werden. Doch es gibt noch keine Maschinen, die das machen können.

Reinkippen war leicht, aber wie bekommt man sie wieder raus? Bild: dapd / Helmholtz Zentrum München

GÖTTINGEN taz | Per Knopfdruck löste Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) gestern im Bergwerk Asse die erste von insgesamt vier geplanten Probebohrungen in die Atommüllkammer 7 aus. Dort befindet sich ein Hohlraum: Er ist knapp 60 Meter lang, 33 Meter breit und zehn Meter hoch. Hinter einer 20 Meter dicken Mauer lagern rund 4.400 Fässer mit Atommüll.

Das Problem: Niemand weiß, in welchem Zustand sie sind. Vor mehr als drei Jahrzehnten wurden die Behälter teils nebeneinander gestapelt, teilweise aber auch einfach nur abgekippt. Mit der Bohrung beginnt die erste Phase der sogenannten Faktenerhebung. Das Umweltministerium hatte diese Probephase angeordnet, bevor mit der eigentlichen Bergung des Mülls begonnen wird.

Vor zweieinhalb Jahren hatte das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) erklärt, dass der einzig sichere Weg, das marode Bergwerk zu schließen, in der Rückholung der Abfallfässer liegt. Einen konkreten Termin für den Beginn oder gar, wie von den Bürgerinitiativen gefordert, den Abschluss der Bergung nannte Altmaier am Freitag nicht.

Er bekannte sich aber deutlicher als sein Vorgänger zum grundsätzlichen Ziel der Räumung. Bis zum Amtswechsel an der Spitze des Hauses hatte das Bundesumweltministerium diese Option nur unter Einschränkungen favorisiert.

Von Rost und Strahlung zerfressen

Die am Freitag wieder ins Gespräch gebrachten und auch von Altmaier nicht ausgeschlossenen gesetzlichen Veränderungen („Lex Asse“) können das Verfahren aber nur bedingt beschleunigen. Bis die zur Erprobung ausgewählten Kammern 7 und 12 angebohrt und die Ergebnisse ausgewertet sind, werden weitere Monate vergehen.

Die dann folgenden, viel aufwendigeren Schritte sind bislang nur rudimentär oder noch gar nicht geplant. Dazu zählen etwa der Bau eines weiteren Schachtes, eines oberirdischen Pufferlagers sowie eines Zwischenlagers, in dem die geborgenen Abfälle so lange verwahrt werden müssen, bis es ein Endlager gibt.

Ob eine Rückholung der zum großen Teil wohl von Rost und Strahlung zerfressenen Gefäße technisch überhaupt machbar ist, muss sich zudem erst noch erweisen. Die dafür notwendigen Maschinen gibt es auch noch nicht. Die Asse, die bis vor wenigen Jahren als „Versuchsendlager“ firmierte und dem Bundesforschungsministerium unterstellt war, diente den deutschen Atomkraftwerk-Betreibern lange Zeit als billige Entsorgungskippe.

Nahezu alle schwach und mittel radioaktiven Abfälle, die damals anfielen, wurden in den Jahren zwischen 1967 und 1978 in die ehemalige Salzgrube gebracht. Auch große Mengen Uran und Thorium sowie mindestens 20 Kilogramm Plutonium lagern in dem Bergwerk.

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6 Kommentare

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  • J
    JanG

    @jonnyrotten

     

    Nehmen wir an, Sie erhalten eine Rechnung über 273,00 Euro für die Entsorgung einer Couch, die Sie vor 17 Jahren auf dem Wertstoffhof entsorgt haben. Da der damalige Betreiber das Geld aber lieber eingesteckt hat statt seiner Verpflichtung nachzukommen, muss sie nun noch einmal fachgerecht entsorgt werden. Sie als ehemaliger Verursacher (der eigentlich seinerzeit schon die entsprechende Gebühr bezahlt hat) werden nun erneut zur Kasse gebeten. Würden Sie das bezahlen?

  • MS
    mr spock

    Immer lustig und vergnüüügt,

    bis der Arsch im Sarge lieeegt...

  • J
    jonnyrotten

    Nach einer erfolgreichen Rückholung der radioaktiven Fässer stellt sich natürlich wiederum die Frage, wohin mit dem Mist? Ich bin sehr für eine Kostenbeteiligung der ehemaligen Verursacher und für eine detaillierte Rechnung, was das jeden einzelnen Bundesbürger kosten wird.

  • G
    grummelkuss

    Herr Gabriel und Herr Altmaier sind für mich

    die Vorboten des Untergangs!!!

    Nicht das Frau Merkel ihrer mit ihrer Fiskalpakt-

    Keule nicht das Demokratieuntergangsweib par

    excellence wäre. Aber die Zusatzkredenzen

    machen die Malaise perfekt.

     

    Womit hat sich eigentlich Herr Altmaier in

    Umweltfragen bisher profiliert außer das

    er der wieder ein Vertrauter (Lakai) von

    Frau Merkel war?

    Welche wissenschaftliche oder anderweitige

    Expertise prädestiniert ihn für diesen Posten?

    Welche Ziele will er im Detail bewerkstelligen?

     

    Bei Herrn Gabriel finde ich ehrlich überhaupt nichts

    positives. Er wirkt, wie ein dekadenter, verweichlichter, nachplappernder römischer

    Möchter-Gern zu Zeiten Caesars,

    der unbedingt Karriere machen will, egal wie wenig

    er selbst von der Materie versteht und wie wenig

    Prinzipien, Werte und kompetente Gefolgschaft er hat, er schmeißt sich an die Interessen der

    Eliten in einer Art heran, dass einen schlecht wird.

     

    Es ist schade, dass die Qualität innerhalb

    der Politik so mies ist.

     

    Hier ist ebenso wie bei Röttgen die Frage, wie

    kann ein Mann Umweltminister, EU-Beamter, Parla-

    mentarischer Staatssekretär gleichzeitig sein.

     

    Eigentlich bräuchte man für den Netzausbau

    und die erneuerbaren Energien einen Spezialminister,

    für Umweltschutz Landwirtschaft in der Landwirtschaft, Industrie und Forstwirtschaft +EU

    einen weiteren Spezialminister

    und für Asse und Atommüllendlagerung noch

    echte, wirkliche politische und naturwissenschaftliche und juristische Fachkraft

    mit jeweils transparenten Konzepten!!!!!!!!!!!!!!!

     

    Es ist unverantwortlich hier juristischen

    Dünnbrettbohrern mit ewiger Politlitanei das Feld

    zu überlassen und dann auch noch eine derartig

    verdichtete und schon für einen Profi kaum

    bewältigbare Aufgabenweite allein des Umweltministeriums anzuvertrauen.

     

    Der Eindruck, dass man das nur mit juristischen Fachkenntnissen bewältigen könnte, täuscht und

    erst Recht täuscht der Eindruck, dass noch irgendwelche Zusatzmandate nebenher mit erledigt werden könnten!!!

     

    Das die existentiellen Kernprobleme von EU-Arbeitern

    gemanagt werden, ist auch von der Seite her

    hochgefährlich, weil die EU souveräne katastrophenfreie und damit eher unabhänigere

    Mitgliedsstaaten ganz und gar nicht schätzt!!!!

    Das konnte man bei den Alleingang in Fragen der

    Energie sehr gut erkennen!!

     

    Die CDU macht im Glauben schwer getürkter

    Arbeitslosen-und Armutsstatistiken extrem gravierende

    Fehler, die zu einer Vervielfachung des Verlustes

    an Sicherheit und Demokratie nicht mehr wieder gut

    machen kann!

     

     

    Es ist völlig sinnlos Herrn Altmaier oder Herrn

    Gabriel die sichersten Stellen von Asse zu zeigen.

    Wir brauchen echte Experten, die den ganzen

    Laden sehen!!!!!!!!! Echte taugliche Konzepte

    sind gefragt!!!!!!!!!!! Und keine Lügenmärchen von

    Leuten, wo wir wissen, dass sie nichts taugen!!!!

  • C
    Cuco

    "technisch machbar"?

    Der Mensch fliegt (schon vor Jahrzehnten) zum Mond, er fördert Öl aus tausenden Metern tiefe, er baut Atombomben, die unterschiedlichsten Beispiele könnte man finden, technisch machbar ist sehr viel.

    Die einzige Frage, die sich stellt, ist doch die folgende: Kann und will man es sich leisten? Oder auch noch: Wer soll das bezahlen? Wie wär's mit einer Atomstromumlage für die Asse-Sanierung?

  • S
    systemix

    Leider sehe ich keine Möglichkeit mehr die Asse vor dem Absaufen zu bewahren. Man kann von Glück sagen, dass nicht auch noch die heißen Löcher auf der 900 m Sohle mit dem hochradioaktiven Abfall aus Hamm-Uentrop gefüllt wurden, wobei es ja zu punktuellen Einlagerungen kam. Es gab ja das "Tauchsiederprogramm" der PTB Braunschweig zur Erkundung, wie sich die Wärmeleitung auf salinare Bereiche erstreckt. Zu dem Zweck sollten ja Th-Kugeln eingelagert werden. Die Bohrlöcher waren vorhanden.

     

    Die Gefahr des Wassereinbruchs war bereits 1978 bekannt. Aber Clausthaler Bergingenieure unterscheiden sich vom lieben Gott nur dadurch, das Letzteres alles weiß, die Bergingenieure alles besser. Nicht wahr, Herr Kühn?

     

    Eine minimale Chance hätte bestanden den akuten Wassereinbruch zu vermindern, hätte man den elastischen Bergeversatz mittels Braunkohlenfilterasche frühzeitig in Angriff genommen. In den thüringer Kaligruben ist das mit Erfolg geschehen. Spätestens seit der Inbetriebnahme von Buschhaus herrschte an diesem Sekundärrohstoff kein Mangel.

     

    Ob nun der Herr Gabriel, der seinen Wahlkreis behalten möchte, oder ein anderer Hammbummel eine Grubenfahrt unternimmt, die Gefahr einer Kontaminierung des Grundwassers ist akut und auch diese aufwändige Rückholaktion wird noch genug Abfall in den Abbaukammern zurücklassen, der das Trinkwasser ungenießbar machen wird.

     

    Maßlose Selbstüberschätzung, politische Feigheit und Machtgeilheit haben dazu geführt. Das wird aber der dort ansässigen Bevölkerung längst klar sein und ihnen auch nicht helfen.