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Atomdefekte auf britischen U–Booten

■ Interner Fehlerkatalog der britischen Marine bekanntgeworden / Die drittgrößte Atomflotte der Welt ist von Fehlern beim Betreiben ihrer schwimmenden Atomreaktoren geplagt / 700 atomare „Zwischenfälle“

Aus London Rolf Paasch

Auf den von Atomreaktoren angetriebenen britischen Unterseebooten ist es zwischen 1962 und 1978 zu über 700 „Zwischenfällen“ gekommen. Wie die britische Zeitung Guardian am Donnerstag unter Berufung auf einen internen Report der „Royal Navy“ berichtet, reichte die Palette dieser „Zwischenfälle“ in den ersten 16 Betriebsjahren der U–Boot–Flotte von mangelhaften Routinetests über seefahrerische Fehlleistungen bis hin zum „Beinahe–Unfall“, wie er sich erst am 26. Januar diesen Jahres in der schottischen U–Boot–Basis von Faslane ereignet hatte. Obwohl das britische Verteidigungsministerium im Januar nur von einem „kleinen elektrischen Fehler“ sprach, gehen Experten davon aus, daß der Atomreaktor des Polaris–U–Bootes „Resolution“ kurz vor der Disfiguration, dem ersten Stadium auf dem Wege zum „melt down“ stand, ehe es der Besatzung gelang, das ausgefallene Kühlsystem wieder in Gang zu bringen. Dem vom Guardian veröffentlichten internen Marine–Dokument zufolge waren 205 der „Zwischenfälle“ auf mechanische Defekte, 107 auf menschliche Fehlleistungen und 123 auf Fehler im elektrischen System der U–Boote zurückzuführen. Vom Guardian befragte US– Experten gehen davon aus, daß ein gutes Dutzend dieser „Zwischenfälle“ zur Freisetzung von Radioaktivität geführt haben dürfte. Die Sicherheitsbestimmungen für die schwimmenden Atomreaktoren sind weitaus weniger streng als für die Reaktoren von Atomkraftwerken, weil die Gefahr für die Bevölkerung geringer eingeschätzt wird. Im südenglischen Flottenstützpunkt Plymouth beträgt die Sicherheitszone für den Ernstfall einen halben Kilometer! Die Gefahren durch die schwimmenden Atomreaktoren sind von der Anti–Atomkraftbewegung lange vernachlässigt worden. Inzwischen sind nicht nur ein Drittel aller Atomwaffen seegestützt, auch mehr als die Hälfte aller 900 Atomreaktoren dieser Erde schippern mittlerweile auf den Weltmeeren herum. Besonders die sowjetische U–Boot– Flotte, der Schnelligkeit anscheinend vor Sicherheit geht, weist eine hohe Unfallquote auf. Aber auch die Zahlen aus dem Pentagon - 3.100 Reaktorjahre auf See ohne nennenswerten Unfall - sind mit Vorsicht zu genießen. Ein Sprecher des Washingtoner „Institute for Policy Studies“ erklärte dem Guardian zufolge, daß in der Vergangenheit auch US–U–Boote auftauchen mußten, um verseuchte Besatzungsmitglieder in Hospitäler fliegen zu lassen.

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