Atomares Regierungsprogramm: Schwarz-gelb fördert Nuklearexporte

Exportschlager Atomkraft: Die Ausfuhr von Nukleartechnik soll künftig wieder staatlich abgesichert werden. Das würde den Bau von Atomkraftwerken im Ausland fördern.

Exportschlager Atomkraft: nein, danke! Bild: ap

BERLIN taz Die schwarz-gelbe Koalition will nicht nur, die Laufzeiten von Atomkraftwerken in Deutschland verlängern. Sie will auch den Bau von Atomkraftwerken im Ausland fördern, vor allem in Entwicklungs- und Schwellenländern. Denn sie kippt das Verbot, mit staatlichen Bürgschaften den Export von Atomtechnologie zu fördern - zumindest, wenn sie ihr Regierungsprogramm umsetzt.

Im Kapitel "Faire Regeln für die Weltwirtschaft" heißt es: "Für den Umweltbereich sind die OECD-Umweltleitlinien alleiniger Maßstab bei der Prüfung von Anträgen auf Exportkreditgarantien." Den Passus überliest man leicht, er hört sich harmlos an. Doch Regine Richter von der Umweltorganisation Urgewald erklärt: "Damit wird die deutsche Hermes-Umweltleitlinie abgeschafft, die bisher die Förderung von Atomexporten ausschließt". Das heißt: Künftig könnten sich deutsche Firmen, die sich am Bau von Nuklearanlagen im Ausland beteiligen wollen, mit einer Hermes-Bürgschaft absichern. Der Steuerzahler springt dann ein, falls der ausländische Kunde nicht zahlt.

Hermes-Bürgschaften sind Teil der deutschen Wirtschaftsförderung. Für die Absicherung von Exportgeschäften deutscher Unternehmen sieht die Bundesregierung jedes Jahr rund 20 Milliarden Euro vor. So sollen deutsche Unternehmer vor Verlusten geschützt werden, vor allem bei Lieferungen in "schwierige Märkte". Umweltschützer kritisieren seit langem, dass auch Projekte davon profitieren, die hierzulande aus ökologischen Gründen kaum durchzusetzen wären. Die rot-grüne Regierung hatte 2001 die Hermes-Umweltleitlinien verabschiedet und damit Investitionen in Nukleartechnik ausgeschlossen.

Schwarz-Gelb macht das rückgängig. Die Opposition ist empört. Die Bürgschaften seien für Exporte in Schwellen- und Entwicklungsländer gedacht, sagt zum Beispiel Ulrich Kelber, der Umweltexperte der SPD - "anders gesagt: in potenziell instabile Weltregionen". Das Risiko, dass Nuklearmaterial irgendwann in "die Hände von Irren" gerate, sei groß. Beispielsweise habe man in der Vergangenheit Atomtechnologie in Staaten wie den Iran geliefert, die heute möglicherweise nach Atomwaffen strebten. Kelber: "Wir förden die Proliferation" - die Verbreitung von waffenfähigem Material.

Für Umweltschützerin Richter ist klar, wer von einer Neuregelung profitiert: "Nutzen würde die atomare Exportförderung vor allem Siemens." Siemens sei der deutsche Konzern, der Nukleartechnik exportiere. Die Münchner wollen zum Beispiel noch in diesem Jahr mit dem russischen Staatskonzern Rosatom eine Zusammenarbeit bei der Atomkraftwerkstechnik beschließen. Für die Aufträge, die die beiden erhalten, dürfe Siemens von der schwarz-gelben Koalition nun Staatsgarantien erwarten, meint Richter.

Alfons Benzinger, Sprecher der Energiesparte von Siemens, wehrt ab: "Wir kommentieren das nicht". Er sagt nur so viel: "Wir liefern im Augenblick keine Nukleartechnik, sondern nur den konventionellen Teil für Kernkraftwerke" - etwa Dampfturbinen.

Das lässt Richter wiederum nicht gelten: "Die Turbinen sind aber extra auf Atomkraftwerke zugeschnitten". Insofern seien sie gar nicht konventionell. Es handele sich um einenFall von "erfolgreichem Lobbyismus" , meint Richter. Dem Konzern sei es aber immer übel aufgestoßen, dass Lieferungen und Leistungen an ausländische Atomkraftwerke die letzten acht Jahre von Hermes-Bürgschaften ausgeschlossen gewesen seien. Schwarz-Gelb habe die Klagen ernst genommen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.