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■ Atom-Ausstieg: Der Preis des Ausstiegs im KonsensKein Kniefall der Politik

Die erste Konsensrunde zum Atom-Ausstieg hat drei Punkte deutlicher gemacht. Erstens: Die Politik zu schelten, sie sei vor den Konzernen in die Knie gegangen, ist abwegig, wenn das Konzept „Ausstieg möglichst im Konsens“ akzeptiert wird. So wünschenswert ein Sofortausstieg aus der Kernenergie aus Risikogründen ist: Es sind weder die juristischen noch die politischen Mittel in Sicht, ihn durchzusetzen.

Trotzdem besteht erstmalig die reale Chance für eine „Energiewende“. Eine riskante und teure Dinosaurierwirtschaft kann durch eine Energiespar- und Solarenergiewirtschaft schrittweise ersetzt werden. Sie ist nach gut 20jähriger Diskussion zum Greifen nah. Heute ist klar: Ein Atomausstieg ist ohne den forcierten Umstieg auf die „drei grünen Säulen“ – Effizienz/Energiesparen, Kraft-Wärme-Koppelung und erneuerbare Energien – praktisch unmöglich und ökologisch (wegen des Klimaschutzes) fahrlässig. Aber dieser Umbau kostet Zeit.

Energiewirtschaftliche Szenarien des DIW Berlin und des Wuppertal Instituts zeigen, daß ein derartiger Aus- und Umstieg frühestens bis zum Jahr 2005 und spätestens bis zum Jahr 2015 technisch machbar und finanzierbar ist.

Zweitens: Ein Teilkonsens bei der Entsorgung des Atommülls muß von den Interessen der derzeitigen Akteure ausgehen! Bereits 1993 wurde aus dem Berichtentwurf einer Unterarbeitsgruppe zu den damaligen Konsensgesprächen zitiert: „Die Energiewirtschaft erklärt ihre grundsätzliche Absicht, die Option Entsorgung mit Wiederaufbereitung nur noch zur Verwertung des Plutoniums aus den sogenannten Altverträgen zu nutzen. Eine Entscheidung über die eventuelle Kündigung der Neuverträge könne von den Kraftwerksbetreibern aus verschiedenen Gründen erst im Jahr 1994 getroffen werden.“ Diese Position sollte, auch auf heute angewandt, weiter konsensfähig sein. Die direkte Endlagerung ist erheblich billiger als das riskante Hantieren mit Plutonium. Daran haben weder die Betreiber und hat schon gar nicht die Regierung ein Interesse.

„Schnellstmöglicher Ausstieg“ aus der atomaren Wiederaufbereitung ist also in diesem Fall keine Konsensfloskel, sondern gleichgelagerte Interessenpolitik. Die dann fällige Versteuerung von zu hohen Rückstellungen (etwa 10 Milliarden Steuermehreinnahmen) könnte für ein Förderprogramm für mehr Effizienz und erneuerbare Energien genutzt werden. Wenn also der Verzicht auf die WAA technisch und außenpolitisch nicht in einem Jahr vollzogen werden kann, ist das kein „verpatzter Ausstieg“, wie Der Spiegel textet, sondern ein ärgerlicher Regierungspatzer und der Unterschied zwischen gut vorbereiteter Sachpolitik und Programmatik.

Drittens: Ein denkbarer „Konsens der Macher“ muß in einen tragfähigen gesellschaftlichen Konsens überführt werden! Alle, die einen „Ausstieg im Konsens“ wollen, tun gut daran, die „Ebene der Macher“ so bald wie möglich zu verbreitern. Während man bei den ersten „Konsensgesprächen“ noch an die Einbeziehung auch anderer „gesellschaftlich relevanter Gruppen“ dachte, sitzen derzeit nur Regierungs- und EVU-Vertreter am Tisch.

Der Ausstieg kam aber nur deshalb auf die politische Agenda und wurde dadurch „machbar“, weil es seit vielen Jahren keine mehrheitliche Akzeptanz für die Atomenergie gibt und Tausende mit viel Mut und persönlichem Risiko für eine zukunftsfähige Energieversorgung gekämpft haben. Das hat der Energiewirtschaft Milliarden an Fehlinvestitionen erspart und den technologischen Irrweg der Atomenergie noch umkehrbar gehalten. Nur ein breiter gesellschaftlicher Konsens wird zukünftig die Energiewende „unumkehrbar“ (Koalitionsvereinbarung) machen: Sie kann und muß daher auch den Kritikern und Betroffenen eines Ausstiegs, zum Beispiel den Beschäftigten in der Atomindustrie, eine Perspektive anbieten. Peter Hennicke

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