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Asylsuchende protestieren in SerbienFlüchtlinge erreichen Ungarns Grenze

Seit der Schließung europäischer Grenzen sitzen viele Geflüchtete in Serbien fest. Mit dem Marsch in Richtung Ungarn machen sie auf ihre Situation aufmerksam.

Protestierende Geflüchtete pausieren auf freiem Feld Foto: ap

Horgos/Belgrad ap | Nach einem zweitägigen Marsch haben Dutzende Flüchtlinge am Sonntag in Serbien gegen die Schließung der ungarischen Grenze protestiert und Krisenlösungen der EU-Spitze gefordert. Die Menschen waren am Freitag zu Fuß in Belgrad aufgebrochen. Am Sonntag erreichten sie begleitet von der Polizei die ungarische Grenze. Sie verlangen Einlass in die Europäische Union.

„Wir sind alle Menschen und wir sind alle hier, weil es eine Menge Probleme in unserem eigenen Land gibt“, sagte Sajed Mohsen Schah aus Pakistan. Der 19-jährige Mohammed Amin aus Afghanistan forderte von der EU-Spitze eine Erklärung, warum die Grenze zu Ungarn geschlossen worden sei.

Rund 300 überwiegend junge Männer aus Afghanistan und Pakistan hatten den Marsch in Belgrad begonnen. Viele hatten auf der 200 Kilometer langen Strecke wegen der Hitze aufgegeben, einige reisten teils mit dem Zug auf der Route weiter.

Ungarn hatte vor Monaten Grenzzäune errichten lassen, um die Flüchtlingsroute über den Balkan zu kappen. Zuletzt hatte die Regierung in Budapest die Kontrollen an der Südgrenze noch einmal verstärkt, um Menschen fern zu halten. Rund 30 Menschen pro Tag durften ins Land, meist Familien mit kleinen Kindern. Hunderte Flüchtlinge sitzen auf serbischer Seite in improvisierten Camps entlang der Grenze fest.

Da sich die Menschen in Serbien stauen, hat auch Belgrad die verstärkte Sicherung der Grenzen nach Bulgarien und Mazedonien angekündigt.

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5 Kommentare

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  • Endlich gibt es einen Beitrag zu den Ereignissen auf dem Balkan. Seit Monaten hängen Menschen in Serbien fest und hunderte Menschen verzweifeln an der ungarischen Grenze (nicht erst jetzt!) und kaum jemand berichtet darüber. Die Balkanroute war nie wirklich "geschlossen", nur die Berichterstattung ging zurück. Zum Beispiel führt Ungarn gerade Schauprozesse gegen die ‚Röszke Eleven‘, was in den deutschen Medien überhaupt nicht thematisiert wird.

    Interessante Links: Report zur Polizeigewalt in Ungarn: http://moving-europe.org/report-on-police-violence-during-push-backs-from-hungary/

    Zusammenfassung der aktuellen Situation: https://fridtjofspatz.com/2016/07/12/neulich-in-belgrad/

    • @NRohmann:

      Danke für die Links!

    • @NRohmann:

      Vielleicht sollte jemand den Männern sagen, dass das Leben kein Wunschkonzert ist und man sich nicht einfach aussuchen kann wohin man will. In Serbien sind sie sicher also können sie froh sein. Reicht nicht? Komisch, ich würde auch gern in San Franzisko leben, kann ich aber nicht. Pech aber auch.

      • @Durchnittsmensch:

        "man sich nicht einfach aussuchen kann wohin man will"? Doch , kann man. Überraschung!

        Artikel 13 der Erklärung der Menschenrechte: jeder hat das Recht, seinen Aufenthaltsort frei zu wählen. Und Artikel 14: Jeder hat das Recht, in anderen Ländern vor Verfolgung Asyl zu suchen und zu genießen. (Quelle: https://www.amnesty.de/umleitung/1899/deu07/001)

        Und was hindert dich denn überhaupt daran, in San Franzisko zu leben? Falls du eventuell ein eu- Bürger bist, hast du die Möglichkeit in fast jedes Land dieser Welt zu reisen und unter Umständen dort zu bleiben. Währest du nun aber in Syrien bspw geboren, hättest du diese Möglichkeit nicht.

        Niemand kann etwas für seine Herkunft. Und kaum jemand kann etwas für die teilweise desaströsen Zustände im Heimatland. Also: gleiches Recht für alle!

         

        P.S. in Serbien sind sie nicht sicher.

      • @Durchnittsmensch:

        Es geht ja nicht darum, dass das Leben ein Wunschkonzert sein soll. Von welcher Sicherheit sprechen wir denn? Welche Sicherheit kann man in einem Land finden, dass knapp 20 Prozent Arbeitslosigkeit und 50 Prozent Jugendarbeitslosigkeit hat. Auf der Straße oder in Parks schlafen, kaum versorgt sein, kann man wohl nicht Sicherheit nennen. Serbien selbst ist unter den Herkunftsländer, mit den meisten Flüchtenden nach Deutschland. Und es gibt noch einen sehr großen Unterschied zu ihrem Wunsch nach San Francisco zu gehen (Ich nehme einfach mal an, dass sie einen deutschen Pass haben). Sie haben zumindest die Chance, es zu versuchen. Sie können nach Amerika fliegen, dort eine Weile sein und auch sonst alle Wege nutzen (z.B. GreenCard), um dort zu bleiben. Die Flüchtenden haben ja nicht einmal die Chance darauf! Und nur weil man auf der Flucht ist, heißt es ja auch nicht, dass man keine Würde und keine Rechte mehr hat. Menschen haben das Recht auf freie Bewegung und auf ein würdevolles Leben. Das gilt auch für sie und ja, es wäre wunderbar, wenn sie einfach nach San Francisco ziehen könnten. Arbeiten wir doch daran.