Asylbewerber in Karlsruhe gestrandet: Flucht vor der Obdachlosigkeit
70 Afghanistan-Flüchtlinge warten in Karlsruhe auf einen Asylbescheid. In Ungarn hätten sie Aufenthaltsrecht – doch die Unterkünfte dort waren katastrophal.
STUTTGART taz | In Karlsruhe sitzen derzeit 70 Flüchtlinge aus Afghanistan und warten auf einen Asylbescheid. Das Besondere: Allen wurde bereits ein Aufenthaltsrecht in Ungarn zugesprochen. Doch von dort sind sie weitergeflohen. Denn die Zustände in den ungarischen Flüchtlingsunterkünften seien schlichtweg desolat. Vergeblich hatten die Flüchtlinge versucht, dagegen zu protestieren.
Am 12. Juni kam die Flüchtlingsgruppe in die Landesaufnahmestelle Karlsruhe. Zuvor waren sie in Ungarn im Flüchtlingslager Bicske untergekommen. Dort hatten sie sich zusammengeschlossen, um eine bessere Behandlung in Ungarn zu fordern, wo sie akut von Obdachlosigkeit betroffen gewesen seien.
Zwar hatten sie einen Schutzstatus erhalten, „der allerdings nicht viel mehr wert ist als das Papier, auf dem er steht“, sagt Armin Schäfer, der die Gruppe mit anderen Mitstreitern in Karlsruhe unterstützt.
Ihre Jahresfrist im sogenannten Pre-Integrations-Camp war abgelaufen. Nun drohte ihnen, ohne jegliche finanzielle oder medizinische Unterstützung auf die Straße gesetzt zu werden.
„Wir haben keine andere Möglichkeit gesehen, als zusammenzubleiben und eine gemeinsame Lösung woanders zu suchen“, schreiben die Flüchtlinge in einer Erklärung.
Flüchtlinge sollen zurück nach Ungarn
Die gegenwärtige Rechtslage sieht nun vor, dass die Flüchtlinge zurück nach Ungarn müssen. Grundlage dafür ist die sogenannte Dublin-II-Verordnung, durch die ein Asylsuchender nur noch einen Antrag in einem Mitgliedstaat stellen kann. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge teilte auf Anfrage der taz mit, dass Ungarn bereits auf das Übernahmeersuchen geantwortet habe. Die Bescheide würden die Flüchtlinge zeitnah erhalten.
Nun rufen die Unterstützer unter anderem die grün-rote Landesregierung Baden-Württemberg dazu auf, für eine humanitäre Lösung zu sorgen. Die Regierung könnte wegen der Situation in Ungarn die Abschiebung für eine bestimmte Zeit aussetzen. Das zuständige SPD-geführte Innenministerium verweist jedoch darauf, noch keine belastbaren Informationen vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vorliegen zu haben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen
Streit in der SPD über Kanzlerkandidatur
Die Verunsicherung
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört