Asyl in Bayern: Seehofer schafft Vorfahrt für Hardliner
Der Ministerpräsident bereitet seiner Sozialministerin Haderthauer eine Niederlage in der Flüchtlingspolitik. Eine liberalere Asylpolitik hat trotzdem Chancen.
Das soziale Gewissen der CSU ist ein recht zartes Geschöpf. Diese Woche brauchte es nur ein Machtwort von Horst Seehofer, schon war es wieder verstummt.
Kein Bundesland behandelt Flüchtlinge so schlecht wie Bayern. Sie leben beengt in meist heruntergekommenen Sammellagern, im Durchschnitt drei Jahre lang, manche viele Jahre mehr. Bayerns Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) wollte das ändern und musste nun eine bittere Niederlage einstecken.
Bislang ist laut einer Verordnung von 2002 das Ziel der Flüchtlingspolitik im Freistaat: "Sie soll die Bereitschaft zur Rückkehr in das Heimatland fördern." Am Montag erklärte Haderthauer den Satz für "absolut unakzeptabel" und forderte, dass er gestrichen werde. "Aber die entsprechende Kabinettsvorlage von mir wird vom Innenminister blockiert."
Innenminister Joachim Herrmann (CSU) keilte zurück, Haderthauer habe die Formulierung "böswillig interpretiert". Umgehend forderte Ministerpräsident Horst Seehofer, die Debatte zu beenden. Am Dienstag trafen sich Haderthauer und Herrmann mit den anderen CSU-Ministern, dem Generalsekretär und dem Fraktionschef. Danach erklärte Haderthauer kleinlaut, sie habe sich nicht durchsetzen können. An der Verordnung wird nicht gerüttelt.
Die Grünen nennen dies einen "verhängnisvollen Rückschritt". Doch mit etwas Abstand erscheint das Resultat des CSU-Richtungsstreits schon viel weniger verheerend.
"Eigentlich hat sich dadurch nicht wirklich viel verändert", erklärt Alexander Thal vom Bayerischen Flüchtlingsrat. "Ich hoffe weiterhin, dass der Landtag den Mumm hat, ein neues Aufnahmegesetz zu beschließen." Das Parlament debattiert seit Monaten über eine Verbesserung der Lebensbedingungen für die Flüchtlinge in Bayern - auch auf Bestreben der CSU-Fraktion. "Ich sehe uns durch die Entscheidung in keiner Weise gehindert", sagt der sozialpolitische Sprecher der Landtags-CSU, Joachim Unterländern. "Auch auf Grund der bestehenden Rechtslage sind Verbesserungen möglich." Über das Ziel, die Lebensbedingungen zu verbessern, bestehe Konsens in der CSU. "Ich denke, dass die Auffassungsunterschiede zwischen Innen- und Sozialpolitikern nicht so groß sind."
Druck bekommt die CSU auch von ihrem kleinen Koalitionspartner, der FDP. Die möchte, dass Flüchtlinge nur noch maximal 12 Monate in den umstrittenen Unterkünften wohnen müssen. "Ich bin optimistisch, dass wie eine gemeinsame Linie finden", meint die Sozialausschuss-Vorsitzende Brigitte Meyer von der FDP. "Ich beobachte schon, dass es bei der CSU einen Meinungsfindungsprozess gibt, der aber nicht abgeschlossen ist."
Noch seien in der CSU die Abgeordneten, die Verbesserungen wollen, in der Minderheit, sagt Alexander Thal vom Flüchtlingsrat. Vor der Bundestagswahl versuche die CSU einfach, Stärke zu demonstrieren, meint er. "Nach der Wahl schaut die Sache ganz anders aus."
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