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Astronaut über Recycling-Rakete„Die Vision reißt die Jungen mit“

Astronaut Ulrich Walter über den ersten erfolgreichen Start einer wiederverwendeten SpaceX-Rakete und die Pläne von Elon Musk.

Erfolgreich recycelt: Die Antriebsstufe dieser SpaceX-Rakete fliegt bereits zum zweiten Mal Richtung Orbit. Foto: dpa/SpaceX
Jörg Wimalasena
Interview von Jörg Wimalasena

Zum ersten Mal hat das Raumfahrtunternehmen SpaceX des Milliardärs Elon Musk eine wiederverwendete Antriebsrakete in den Weltraum geschossen. Elon Musk schwärmt von den Kostenvorteilen für seine Recycling-Rakete. Werden Weltraumflüge jetzt billiger?

Ulrich Walter: Das bezweifele ich. Durch die Wiederverwendung der Antriebsstufe spart SpaceX nach eigenen Angeben und im Idealfall zwar 30 Prozent Kosten. Um die Antriebsstufe nach dem Start wieder landen zu lassen, benötigt die Rakete allerdings mehr Treibstoff. Dadurch hat sie 30 Prozent weniger Ladekapazität. Das kommt auf plus/minus null heraus.

Können Sie Elon Musks Weltraumengagement dennoch etwas Positives abgewinnen?

Klar, er hat das Oligopol in der Weltraumwirtschaft aufgebrochen, indem er bei seinen Raketen konsequent auf Serienproduktion setzt. Außerdem hat er Visionen. Er will langfristig zum Mars, und das reißt die jungen Menschen mit. Früher wollten meine Studenten alle zu Google, jetzt wollen sie zu SpaceX.

Wird Musks Erfolg auch andere „Weltraum-Investoren“ auf den Plan rufen?

Wer in diesem Geschäft mitmischen möchte, muss Milliarden investieren. Ein solches Risiko möchten viele nicht eingehen, die das Geld dazu hätten. Insofern muss man Elon Musks Engagement bewundern. Einen solchen Unternehmergeist, diesen Mut zum Risiko gibt es leider nur in den USA. Ein deutsches SpaceX-Äquivalent wird es daher nicht geben.

Bild: privat
Im Interview: Ulrich Walter

Der 63-Jährige forscht am Lehrstuhl für Raumfahrttechnik der Technischen Universität München. 1993 flog er selbst ins All.

Geht die Kommerzialisierung der Raumfahrt nicht auf Kosten der Wissenschaft?

Nein, im Gegenteil. Wer ein Experiment im Weltraum durchführen will, muss das bisher über die staatlichen Raumfahrtbehörden organisieren. Das ist vielen Wissenschaftlern zu teuer und dauert einige Jahre. Bei SpaceX funktioniert das alles unbürokratischer und ist billiger.

Wird auch der Weltraumtourismus dadurch auch günstiger?

Selbst wenn Musk die Kosten pro Start auf 40 Millionen Euro drückt. Für fünf Passagiere einer etwaigen bemannten Mission wäre das immer noch sehr teuer. Ich denke, die kommerzielle Raumfahrt wird sich in näherer Zukunft eher auf suborbitale Flüge konzentrieren, die wesentlich billiger sind.

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4 Kommentare

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  • Prof. Ulrich Walter hat schon Anfang 2016 gegenüber N24 einen ähnlichen Kommentar abgegeben (nicht mehr online, siehe https://www.reddit.com/r/spacex/comments/49bt4j/article_by_former_german_astronaut_arguing_that/ ) , ich weiß allerdings nicht woher er seine Fakten hat.

     

    a) Einsparung von 30% im Idealfall?

     

    Der Treibstoff hat einen Kostenanteil von 0,5% am Raketenstart. Wenn SpaceX es schafft wie geplant eine Rakete innerhalb von 24 Stunden wieder startklar zu machen dann wird die Einsparung erheblich höher ausfallen als 30%. Erst nach 10 Starts soll dann eine größere Inspektion erfolgen. Insgesamt soll eine Rakete 100 Starts überstehen.

     

    Die erste Stufe, die bei diesem Flug recycled wird, ist übrigens für 75% der Herstellungskosten verantwortlich.

     

    Unter http://spacenews.com/spacex-gaining-substantial-cost-savings-from-reused-falcon-9/ spricht COO Shotwell von deutlich mehr als 50% Einsparungen an den Kosten der ersten Stufe.

    Natürlich wird SpaceX erstmal die Entwicklungskosten von ca. 1 Mrd. USD wieder hereinholen und nur bei Kostendruck seitens anderer Raumfahrtunternehmen oder nachlassender Nachfrage die Preise deutlich senken.

     

    b) 30% weniger Ladekapazität - nun 30% weniger Kapazität (wenn die Zahl stimmen sollte) bedeuten keinesfalls 30% weniger Einnahmen: Wenn eine Firma SpaceX beauftragt einen Satelliten ins All zu schießen, dann zahlen sie gleich viel, egal ob der Satellit 3, 5 oder 6 Tonnen wiegt.

     

    In 2016 hat Prof. Walter übrigens noch behauptet man bräuchte die gleiche Menge an Treibstoff für die Landung der Stufe 1 wie für den Start. Tatsächlich sind es 6% Treibstoff, die für eine weiche Landung benötigt werden.

  • Wie viele C0₂-Äquivalente werden denn bei so einem Raketenstart emittiert? Und für wie viele C0₂-Äquivalente ist die gesamte Raumfahrt verantwortlich?

    • @Heinrich Baum:

      Dieser Start ungefähr so viel wie ein transkontinentaler Linienflug mit einem Flugzeug.

       

      Manche andere gar nichts, weil sie mit Sauerstoff und Wasserstoff arbeiten, die zu Wasserdampf verbrennen.

  • Suborbitale Flüge sehe ich nur als "Einstiegsdroge". Das sind ein paar Minuten Schwerelosigkeit und 20 Minuten nach dem Start ist man wieder unten. Das kann man nur mit sehr gutem Willen als "Tourismus" bezeichnen (der ja schon definiert ist als "Reise mit mindestens einer Übernachtung").

     

    Bigelow hat schon eine Falcon Heavy gebucht für eine größere Raumstation. Wenn man davon zwei oder drei aneinanderkoppelt und eine oder zwei Wochen in einem Weltraumhotel verkaufen kann, wird es genug Reiche geben, die sich sowas irgendwann leisten wollen, auch wenn es erstmal 50 Millionen kostet. Würde ich jedenfalls tun, wenn ich das Geld hätte.