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Assads absurde BefriedungspläneErst einsperren, dann reden

Syriens Präsident will den Bürgerkrieg beenden – mit Reformen und Dialog. Vorher lässt Assad noch schnell seine potenziellen Gesprächspartner verhaften.

Dialog im Verständnis Baschar al-Assads: Er redet, alle anderen hören zu. Bild: dpa

DAMASKUS dpa/dapd | Der syrische Präsident Baschar al-Assad will den blutigen Bürgerkrieg in seinem Land durch Dialog beenden. Gleichzeitig aber lässt er Mitglieder der letzten Oppositionsgruppen, die mit seinem Regime überhaupt noch reden wollen, verhaften.

Assad sagte in einem Interview mit dem ägyptischen Magazin Al-Ahram Al-Ahrabi,, das am Freitag erschien: „Der Dialog mit der Opposition ist der einzige Weg, um die Krise zu bewältigen.“ Der Wandel dürfe nicht von außen aufgezwungen werden. Ein Eingreifen aus dem Ausland, wie in Libyen, werde es in Syrien nicht geben, erklärte er.

Das Nationale Koordinierungskomitee für demokratischen Wandel teilte in der Nacht zum Freitag mit, Mitglieder des Oppositionsbündnisses seien am Donnerstag nach ihrer Rückkehr aus China verhaftet worden. Zwei der Verhafteten hätten als Mitglieder einer Delegation in China mit Vertretern der chinesischen Führung über Auswege aus der aktuellen Krise gesprochen.

Abdelasis al-Chair und Ejas Ajasch seien zusammen mit ihrem Mitstreiter Maher Tahan, der sie mit seinem Auto vom Flughafen abgeholt habe, verschleppt worden. Die Sicherheitskräfte hätten sie an einer Straßensperre 100 Meter vom Flughafen Damaskus entfernt aufgegriffen, sagte ein Aktivist.

Das Nationale Koordinierungskomitee ist das einzige Oppositionsbündnis, das nach 18 Monaten Aufstand überhaupt noch bereit ist, mit dem Regime zu verhandeln. Die anderen bekannten Oppositionsgruppen lehnen jedes Gespräch mit Regierungsvertretern ab, so lange Assad noch an der Macht ist.

Paralleluniversum mit Speichelleckern

Ungeachtet allen politischen Drucks gibt sich Assad siegesgewiss. Die Aufständischen würden keinen Erfolg haben. Seine Gegner seien eine kleine Minderheit, die keinen Rückhalt in der Gesellschaft habe, sagte er in dem Interview mit dem ägyptischen Magazin.

Eiman Abdelnur, ein früherer Berater Assads, der ihm schon vor Jahren den Rücken gekehrt hatte, vertrat im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa die Auffassung, der Präsident sei davon wirklich überzeugt. „Er lebt in einem Paralleluniversum, umgeben von Schmeichlern und Ja-Sagern. Er glaubt wirklich, dass die Menschen ihn lieben und dass Syrien ohne ihn untergehen würde.“

In der Ortschaft Ras al-Ain der Provinz Hassake töteten Unbekannte am Donnerstagabend den Aktivisten Mahmud Wali, ein Mitglied der Kurdischen Freiheitspartei. Anschließend kam es nach Angaben arabischer Medien zu Kämpfen in dem Gebiet, das teilweise von kurdischen Parteien und teilweise von den Regierungstruppen kontrolliert wird.

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4 Kommentare

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  • A
    Ant-iPod

    Liebe TAZ:

     

    Baschar Al-Assad ist sehr Internet-Affin, er hat das Internet in Syrien massiv forciert, eine EDV-Akademie in Damaskus gegründet etc. - der Mann weis genau um die Umstände in Syrien.

    Auch traue ich ihm zu, die Speichellecker zu erkennen und zu verstehen, welcher seiner 17 Geheimdienste ihn mit ehrlichen Informationen versorgt.

    Es ist eine simple Marketing- und Pressestrategie vorzugeben, man sei wirklich davon überzeugt, dass die Mehrheit ihn liebe und dass er siegesgewiss sei. Alles andere hätte übrigens nicht zuletzt verheerende Auswirkungen auf die Moral seiner ohnehin angekratzten Anhänger.

     

    Er weis aber auch ganz genau, dass er es ist, der einen nationalen Dialog verunmöglicht - somit ist seine Aussage eindeutig zu verstehen:

    Es gibt dann Frieden, wenn die Syrer seine Alleinherrschaft akzeptieren - sonst eben nicht.

     

    Wäre es anders, dann hätte er längst - sogar ohne Dialog - die Weichen für das Land anders stellen können.

    Niemand hält ihn auf, wenn er eine pluralistische Verfassung ins Parlament einbringen will. Niemand behindert ihn daran, die Geheimdienste zu reformieren, die Korruption zu bekämpfen, die Gleichheit vor dem Gesetz herzustellen, die Unabhängigkeit der Justiz und ein funktionierendes Rechtssystem zu entwickeln etc.etc.etc. - all dies kann er seit 2000 tun.

    Warum hat er dies wohl nicht einmal begonnen? Warum war der Damaszener Frühling im Juli 2000 schon wieder vorbei?

     

    Nein, das ist kein verblendeter Idiot, der Syrien regiert, sondern ein eiskalter Machtmensch. Er weis um die Situation seines Landes und seiner Person und er hat diese maßgeblich mit herbeigeführt.

  • T
    toyak

    Einen kleinen Recherchehinweise erlaube ich mir, wenn ich natürlich darf.

     

    Am Donnerstag den 30.08.2012 um 22:50 startete ein Flugzeug von Ankara in Richtung Hatay/Antakya (Grenze zu Syrien) von der Fluggesellschaft Anadolu Jet.

     

    In diesem Flugzeug reisten fünf Typen, die die Sitznummer 4A, 4B, 4C, 4E, 4F hatten. Sie haben sich auf arabisch unterhalten, nachdem sie gemerkt haben, dass andere Fluggäste arabisch verstehen, fingen sie an, sich auf Englisch zu unterhalten und zwar in einer akzeptfreien Englisch.

     

    Sie hatten längere Barten, einen gut trainierten Körper usw. Aus den gesamten Umständen lässt sich auf eine Mitgliedschaft in einer Terrororganisation schließen. Dazu kommt, dass in dem selben Flugzeug saudi-arabischen Geschäftsmänner saßen.

     

    Wer sind diese Personen und warum sind Sie nach Antakya in der Nacht geflogen.

     

    Sind diese Kämpfer von Al-Qaida?

    Warum verhindert der türkische Staat nicht, dass diese Personen nach Syrien eingeschleust werden?

  • P
    pauli

    aber bemerkenswert, dass nach über einem jahr endlich mal eine meldung über den ncb in einer deutschen zeitung erscheint.

  • P
    pauli

    "Die Sicherheitskräfte hätten sie an einer Straßensperre 100 Meter vom Flughafen Damaskus entfernt aufgegriffen, sagte ein Aktivist."

    hat der aktivist das den nachrichtenagenturen gesagt oder stammt das nach agenturmeldungen aus dem statement des ncb?

    im letzteren fall wäre das falsch.

    http://syrianncb.org/2012/09/21/urgent-statement-by-the-national-coordination-body-for-democratic-change-in-syria-on-the-disappearance-of-abdelaziz-al-khayer-iyas-ayash-and-maher-tahan/