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Assad lässt Großneffen verhaftenSuleiman der Vollmundige

Assads Großneffe soll auf offener Straße einen Autofahrer hingerichtet haben. Nach Protesten will der Machthaber nun seinen Verwandten bestrafen.

Geht jetzt gegen seinen Cousin vor: Syriens Machthaber Baschar al-Assad. Foto: dpa

Berlin taz | Das passiert nicht alle Tage: Ein Verwandter des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad ist festgenommen worden. Nicht etwa, weil er in dem Bürgerkriegsland in Ungnade gefallen ist oder sich gar der Opposition angeschlossen hat, sondern wegen eines Vorfalls im Rahmen eines Überholvorgangs auf der Straße. Eines Vorfalls überdies, der politisch brisant ist.

Suleiman Hilal al-Assad, Sohn eines Cousins des syrischen Machthabers, war Berichten zufolge am Donnerstagabend in der Küstenstadt Lattakia unterwegs, als ein Auto eines hohen Offiziers ihn überholte. Daraufhin habe Suleiman den Luftwaffenoberst in seinem Wagen verfolgt und ihm den Weg abgeschnitten. Dann sei Suleiman al-Assad ausgestiegen und habe den Oberst „mit einer Salve aus einer automatischen Waffe erschossen,“ wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtete. Die Festnahme wurde inzwischen von staatlichen Medien bestätigt.

Dass männliches Jungvolk der syrischen Nomenklatura sich gelegentlich auf den Straßen austobt oder sich Autorennen liefert (Verletzte und gelegentlich Tote eingeschlossen), konnte man schon in den achziger Jahren in der Innenstadt von Damaskus beobachten. Doch dieser Vorfall fällt in eine Zeit, die der die mehrheitlich von Alawiten bewohnte Küstenregion zahlreiche Opfer in Assads Krieg zu verzeichnen hat. Hinzu kommt, dass Hassan al-Scheich, der Ermordete, auch noch der Luftwaffe angehörte und, ebenso wie Suleiman al-Assad, ein Alawit war.

Die Tatsache, dass der Präsident laut der regierungsnahen Zeitung Al-Watan bereits angekündigt hat, Suleiman zu bestrafen, „egal, wer er ist“, kann vermutlich darauf zurückgeführt werden, dass Alawiten und Assad-Anhänger nach dem Mord demonstrierten, weil Suleiman nicht gleich festgenommen wurde; einige forderten seine Hinrichtung. Das ist das Allerletze, was der militärisch bedrängte Assad gebrauchen kann: einen inneralawitischen Konflikt in seiner eigenen Hochburg, der Provinz Lattakia.

Doch Suleiman selbst scheint sich keine allzu großen Sorgen zu machen. In seinem Facebook schreibt er vollmundig, bar jeden Schuldbewußts und gekoppelt mit Drohungen: „Ich bin unschuldig und die Wahrheit wird bald enthüllt werden. Und diejenigen, die mich beleidigt haben, werden bestraft werden. (...) Ehe ihr mich bestraft, geht und bestraft diejenigen, die Idlib und Palmyra verraten haben sowie den Justizminister, und wenn jeder seine Strafe bekommt, werde ich auch meine akzeptieren.“ Die Provinzhauptstadt Idlib wurde von einem Bündnis von Rebellengruppen erobert, Palmyra von den Extremisten des „Islamischen Staates“.

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2 Kommentare

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  • Da war der Druck auf Assad eindeutig zu groß. Mit einer Todesstrafe wird er aber sicher nicht rechnen müssen. Assad wird einen Zwischenweg wählen. Die Alawiten zufriedenstellen und den Cousin soweit es nur irgendwie geht zu schonen.

  • Da gerate ich in echte Gewissensnöte, als Gegner der Todesstrafe ....spüre ich bei diesem Typen kein Mitleid.