Der Handel mit Toten kann ideologisch Gewinn bringen. Das wusste schon Nikolaj Erdman, dessen Satire „Der Selbstmörder“ Dimiter Gotscheff an der Volksbühne Berlin als Langlauf der Clowns erzählt
Stadttheater mal ganz anders: Zum 50. Geburtstag des Leipziger Schauspielhauses veranstaltet Intendant Wolfgang Engel ein großes Schiller-Spektakel. „Wallenstein“ an drei Spielorten, inklusive Industrieruine, Gulaschkanone und Hiphop-Battle. Die Inszenierung selbst ist allerdings eher grundsolide
Unter den jungen Regisseuren ist Nuran David Calis so etwas wie der Spezialist für pubertäre Nöte geworden. Am Schauspiel Hannover inszeniert er „Frühlings Erwachen“ nach Wedekind
Der tiefergehängte Klassiker: Er glaubt nicht mehr an das humanistische Bildungsprogramm noch an den Fluchtpunkt Idealismus. Stattdessen rührt sein Versuch an, für die Figuren glaubhafte Charakterbilder der Gegenwart zu finden. Wie für das Weichei „Don Karlos“ am Deutschen Theater Berlin
Neue Konservative und ihre libertären Eltern? „Die Probe“ schafft sie alle. Lars-Ole Walburg hat Lukas Bärfuss’ Stück über die Folgen eines Vaterschaftstests in München inszeniert
Versierte Rhetorik, verwilderte Theologie. Am Hamburger Thalia Theater inszeniert Andreas Kriegenburg Arthur Millers Stück „Hexenjagd“ als kruden Zwitter. Denn der klagende, anklagende Ton der Tragödie prägt den Abend, bis am Ende, völlig unerwartet, doch die Ironie zum Vorschein kommt
Würstchen außer Kontrolle: Dorfrichter Adam kehrt zurück. Rafael Sanchez inszeniert Kleists „Zerbrochenen Krug“ am Schauspiel Hannover launig lustig und handwerklich so gediegen wie die Gartenzwerge, die das Bühnenbild bevölkern. Und wohl auch mit einem Schuss Angst vor zur großer Glätte
Das schöne Charisma eines Machos und Losers: Karin Henkel inszeniert Franz Molnárs Vorstadtlegende „Liliom“ am Stuttgarter Schauspiel. Felix Goeser, Schauspieler des Jahres, spielt den Titelhelden, der bewusst in die Katastrophe steuert, weil der Glaube an Sinn oder einen Weg aus der Misere verloren ist
Der Film im Kopf der Hauptfigur: In Martin Suters Tragikomödie „Über den Dingen“ am theater rampe stuttgart löst sich die Selbstgewissheit des Managers in nichts auf
In Michael Thalheimers Inszenierung von Jon Fosses „Schlaf“ am Deutschen Theater Berlin bewegen sich Liebespaare in Zeitschleifen. Das schafft Déjà-vus auf der Bühne – und auch hinter den Kulissen
Schorsch Kamerun hat in München Matias Faldbakkens Skandalroman „Macht und Rebel“ ganz bewusst das Grelle ausgetrieben und eine entspannte Revue auf die Beine gestellt
Geschichte zerrinnt in Geschichten, Theorie zerbröselt in der Erfahrung: Das Düsseldorfer Schauspielhaus bringt „Karl Marx: Das Kapital, Erster Band“ von Rimini Protokoll auf die Bühne
Tschechows „Drei Schwestern“ träumen vom tätigen Leben und stranden in Antriebslosigkeit. An der Berliner Schaubühne will Falk Richter daraus Funken für die Angst vor dem Ende der Arbeit schlagen
Der Dramatiker Roland Schimmelpfennig lässt alle Hoffnung fahren und schickt die Boheme in die Produktion, wenn sie den Charme der Jugend verloren hat. In Nicolas Stemanns Wiener Uraufführung von „Ende und Anfang“ wissen gerade die älteren Schauspieler am besten mit diesem Text umzugehen