Artenschutzexpertin über Elefanten: „Handel ist de facto verboten“
Afrikanische Staaten fordern ein komplettes Handelsverbot für Elfenbein. Das ist kontraproduktiv, sagt WWF-Artenschutzexpertin Anne Hanschke.
Jährlich sterben 30.000 Elefanten, getötet von Elfenbeinjägern. Am Freitag, dem World Elephant Day, erinnern deshalb Organisationen in aller Welt an die Dickhäuter. Wie er überleben kann, ist derzeit umstritten. Afrikanische Staaten fordern im Vorfeld der Artenschutzkonferenz Cites in Südafrika im September ein komplettes Elfenbeinhandelsverbot, die EU-Kommission findet das nicht sinnvoll.
taz: Frau Hanschke, der WWF unterstützt die EU. Warum muss der Handel mit Elfenbein aufhören?
Anne Hanschke: Der kommerzielle internationale Handel mit Elfenbein ist de facto verboten, auch schon unter den aktuell gültigen Regularien. Würde man bei der CITES-Vertragsstaaten-Konferenz über die neuen Anträge der afrikanischen Staaten abstimmen, könnten manche ein Veto einlegen. Damit würden die Regelungen in den Veto-Ländern nicht mehr zutreffen, der Handel würde dort legal. Die Forderung nach dem Komplettverbot ist in diesem Sinne kontraproduktiv und würde von wichtigeren Maßnahmen ablenken.
Von welchen?
Der Schutz der Elefanten muss in den Ursprungsländern durch Wildhüter und Patrouillen verstärkt werden. In den Transitländern muss stärker kontrolliert werden, etwa an Häfen und Flughäfen. Zudem müssen Handelswege geschlossen werden. Vor allem ist es auch wichtig, die Nachfrage zu reduzieren – dies erfordert einen langen Atem und ist mit viel Aufklärungsarbeit verbunden. Viele Kunden in China oder Vietnam wissen gar nicht, dass wegen ihres Elfenbeins Elefanten sterben.
Welche Rolle spielt Korruption – laut EU-Kommission die größte Gefahr des Elefanten?
Das ist tatsächlich ein großes Problem. Häufig werden Wilderer gefasst, aber dann wieder freigelassen. Die Behörden sind zum Teil bestechlich. Auch auf den Handelsrouten wird illegales Elfenbein durchgeschleust. Problematisch ist auch, wenn illegales Elfenbein auf die asiatischen Märkte gelangt und dann als legal gekennzeichnet wird, sozusagen rein gewaschen wird.
Ist es zielführend, Elfenbeinlagerbestände zu zerstören?
31, ist diplomierte Biologin und seit zwei Jahren bei der Tierschutzorganisation WWF. Dort ist sie Expertin für Artenschutz.
Die Meinungen gehen da weit auseinander. Der WWF begrüßt es als starkes Signal, dass die Regierungen sich dem Kampf gegen den illegalen Elfenbeinhandel verschrieben haben und man dadurch verhindert, dass dieses illegale Elfenbein wieder auf dem Markt landet. Es gibt aber Zweifel, dass man durch die Verknappung Preise und Nachfrage in die Höhe treiben könnte.
Wieso ist immer nur die Rede vom afrikanischen Elefanten?
Die Wilderei in Asien ist nicht mehr ganz so ein großes Problem, die ist mittlerweile etwas zurückgegangen. Was auch daran liegt, dass bei den asiatischen Elefanten nur das männliche Tier Stoßzähne trägt und bei den afrikanischen Männchen und Weibchen. Für Fleisch und Ledergewinnung werden sie aber zum Teil auch noch in Asien gewildert, aber nicht in dem Ausmaß wie in Afrika.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Der Fall von Assad in Syrien
Eine Blamage für Putin