: Armseliges Produkt
■ Massive Professoren-Schelte für Minister Rüttgers' HRG-Entwurf
Bonn (dpa) – Auf scharfe Kritik der deutschen Universitätsprofessoren ist der Entwurf für ein neues Hochschulrahmengesetz (HRG) von Bildungsminister Jürgen Rüttgers (CDU) gestoßen. Der Präsident des Deutschen Hochschulverbandes, Hartmut Schiedermair, sprach gestern in einem dpa-Gespräch von einem „armseligen Produkt, das den Namen Hochschulreform nicht verdient“. Rüttgers gefährde mit dem Streichen zahlreicher Bundesregelungen die Einheit der deutschen Universität und fördere „Provinzialismus“. Rüttgers wies die Kritik zurück und sprach von einem „Eigentor“ der Professoren.
Schiedermair, dessen Verband die Interessen von 15.000 Universitätsprofessoren vertritt, meinte, der Entwurf werde in keinem Punkt dem Anspruch gerecht, die Autonomie der Hochschulen zu stärken und sie für den internationalen Wettbewerb zu rüsten. Das Wort Wissenschaft komme in dem „technokratischen Konzept“ überhaupt nicht vor. Durch die Auseinanderentwicklung in sechzehn Länder-Hochschulsysteme würde die Freizügigkeit von Professoren und Studenten eingeschränkt. Eine solche Universität könne im internationalen Wettbewerb nicht mithalten.
Mit scharfen Worten wandte sich Schiedermair sich auch gegen die Etablierung der angelsächsischen Diplome Bachelor und Master als Abschlüsse an allen Hochschulen. „Das Ganze gleicht dem Versuch, McDonald's als deutsche Spitzenküche im internationalen Wettbewerb zu verkaufen. Das haben die deutschen Universitäten nicht verdient.“
Rüttgers sagte dagegen, wer sich jetzt gegen frischen Wind an den Hochschulen wehre, habe die Zeichen der Zeit nicht verstanden. Er wolle 1997 zum Jahr der Hochschulreform machen. Diese würde dringend gebraucht. Die Arbeit am Hochschulrahmengesetz sei bereits „ein großes Stück vorangekommen“. Der Minister geht weiterhin davon aus, daß bereits Ende des Monats ein gemeinsamer Bund-Länder-Vorschlag für die HRG-Reform vorliegt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen