: Armenprogramm zuerst
■ Weiterbildungsträger fürchten um das Programm und um ihre Existenz
Volkshochschulprogramme für 2.000 BremerInnen fremder Paßfarbe, Integration durch Sprachkurse oder Qualifikation; acht Seminare des evangelischen Bildungswerks über Fremdenhaß; zwanzig Seminare nur für Arbeitslose; die Flüchtlingsseminare des Katholischen Bildungswerks; Bildungsurlaub für ganze Familien; nicht zuletzt Alphabetisierungskurse der Volkshochschule oder des Paritätischen Bildungswerks – die Armen trifft es zuerst. All diese Veranstaltungen für die mit schmalem Geldbeutel sind in höchstem Maße gefährdet, wenn sich die Sparpläne des Senats im Weiterbildungsbereich durchsetzen.
All diese Veranstaltungen werden kippen, und noch viel mehr, fürchten die Weiterbildungsträger und schlagen jetzt Alarm: „Im Herbst werden 50.000 TeilnehmerInnen von Bildungsurlauben, Kursen, Wochenendeseminaren vor verschlossenen Türen stehen“, so eine gemeinsame Erklärung von 9 von der 17 anerkannten bremischen Weiterbildungsträgern. „Buschtrommeln, mehr nicht“, kommentierte Jörg Henschen, Sprecher des zuständigen Arbeitsressorts. Noch sei im Arbeitsressort nicht entschieden, wie die 3,4 Millionen Mark eingespart werden sollen, die der Senat vor ein paar Wochen beschlossen hat. „Wir haben bis Ende Mai Zeit, das vorzulegen.“
Die Träger erwarten für dieses Jahr Kürzungen von 30 Prozent und für 1995 sogar 50 Prozent der Fördermittel des Landes - das hätte verheerende Auswirkungen. Ohnehin haben die Weiterbildungsträger schon Schwierigkeiten, das laufende Programm aufrechtzuerhalten. Denn in diesem Jahr haben sie noch keinen Pfennig Zuschüsse gesehen. Noch reichen die Rücklagen. Erst auf heftiges Drängeln bekamen sie einen Zwischenbescheid: Sie sollten sich aufs Sparen einstellen. Nur hatten sich einige Träger auf die Haushaltsbeschlüsse verlassen und ein Jahresprogramm aufgelegt. Pech gehabt: Das 200-Millionen-Loch hat alle Planungen zur Makulatur werden lassen.
Nun steht zu befürchten, daß im ersten Halbjahr schon so viel Geld verfrühstückt worden ist, daß für das zweite Halbjahr nichts mehr übrigbleibt. Und dann fallen die Bildungsurlaube und Kurse zuerst, die einen hohen Zuschußbedarf haben. Im Klartext: Die für die armen Leute. Aber so weit ist es noch nicht, heißt es aus dem Arbeitsressort. Klar ist aber auch, daß die Sparmöglichkeiten dort sehr begrenzt sind: Weil viele Mittel gebunden sind oder Drittmittel aus Bonn oder Nürnberg oder Brüssel ziehen, bleiben zum Kürzen fast nur die Projekte – und eben die Weiterbildung. Das Ressort baut vor: Die Träger sind vorab schonmal gefragt worden, wo ihre Schmerzgrenze liegt. J.G.
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