piwik no script img

Arens verlangt mehr Deportationen

Während Baker „Gesten des guten Willens“ gegenüber den Palästinensern fordert, wird im israelischen Kabinett lautstark nach noch rabiateren Maßnahmen gerufen  ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin

Während die am Sonntag verfügte Ausweisung von vier Palästinensern aus dem Gaza-Streifen international auf scharfe Kritik gestoßen ist, wird in der israelischen Regierung lautstark eine noch schärfere Gangart gegen die Palästinenser gefordert. Auf seiner gestrigen Sitzung kam das israelische Kabinett zu keinem Beschluß, wie auf die seit Wochen andauernde Serie von Attentaten gegen jüdische Israelis reagiert werden soll. Zuletzt war am Dienstag ein 30jähriger jüdischer Siedler in der Nähe der Stadt Ramallah von Palästinensern erschlagen worden.

Verteidigungsminister Mosche Arens sprach sich für mehr Deportationen und die Zerstörung der Häuser von „gewalttätigen Extremisten“ sowie für die Einführung der Todesstrafe bei Mordanschlägen aus. Polizeiminister Ronnie Milo hingegen will allen ledigen palästinensischen Männern unter 30 Jahren — dem vermeintlichen Täterkreis — die Einreise nach Israel erheblich erschweren. Darüber hinaus forderte der Polizeiminister Polizisten und Soldaten am Dienstag zum „Todesschuß“ auf Araber auf, die mit gezogenem Messer bei einem Attentat überrascht werden. Die Anwälte der vier von Ausweisung bedrohten Palästinenser haben indessen vergeblich gefordert, daß die Verhandlung öffentlich stattfindet.

Auch das Verhältnis zwischen der Schamir-Regierung und Washington ist durch die Deportation der vier Palästinenser weiter getrübt worden. Die US-Regierung hat scharf gegen diesen Schritt der israelischen Militärbehörden protestiert, da er den von Außenminister Baker während seiner Nahost-Reise geforderten „vertrauensbildenden Maßnahmen“ widerspricht. Dennoch verhinderten die USA am Dienstagabend die Annahme einer israel-kritischen Erklärung im UN-Sicherheitsrat.

US-Außenminister Baker verlangt von Israel „Gesten des guten Willens“ gegenüber den Palästinensern, etwa die Öffnung der seit drei Jahren geschlossenen Universitäten in den besetzten Gebieten oder eine Lockerung des Besatzungsregimes. Dem heute nach Jerusalem fliegenden Botschafter Israels in Washington, Zalman Shoval, hat Baker erneut die Frage gestellt: Mit wem ist Schamir bereit zu verhandeln? Es ist offensichtlich, daß Washington jetzt Israel eine jordanisch-palästinensische Delegation vorschlägt, in der als palästinensische Vertreter Feisal Husseini und die anderen prominenten Palästinenser vorgesehen sind, mit denen Baker in Ost-Jerusalem zusammengetroffen war. Schamir hatte diese als Gesprächspartner abgelehnt, da es „PLO-Leute“ seien.

Wenn es von der israelischen Regierung keine eigenen Vorschläge für den Friedensprozeß gibt, so die Botschaft aus Washington, wird Baker „eigene Konzepte“ entwickeln und dann Druck auf Israel ausüben, sich an diesen Initiativen zu beteiligen. Und nachdem der ägyptische Vorschlag einer internationalen Konferenz aller arabischen Staaten der Anti-Irak-Allianz zusammen mit einer jordanisch-palästinensischen Delegation und Israel — im Beisein der USA und der Sowjetunion — in Washington ein positives Echo gefunden hat, scheint Schamir jetzt doch Gespräche mit einer jordanisch-palästinensischen Delegation über eine Zwischenlösung in den besetzten Gebieten als das „kleinere Übel“ in Betracht zu ziehen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen