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Kolumne Die eine FrageDer Macron-Spirit

Peter Unfried
Kolumne
von Peter Unfried

Die FDP wäre eine Super-Oppositionspartei, Christian Lindner könnten wir weiter blöd finden. Aber ist es nicht ein Segen, dass er regieren muss?

Nah dran an der Macht: FDP-Mann Christian Lindner während der Jamaika-Sondierungsgespräche an der Seite von Bundeskanzlerin Angela Merkel Foto: dpa

Was für ein Blödmann“, sagte die super Frau auf dem Sofa neben mir, als sie Christian Lindner in einer Talkshow sah. Selbstverständlich schütze ich ihre Anonymität, aber man kann verraten, dass der FDP-Chef noch gar nichts gesagt hatte. War nicht nötig. Es brach „natürlich“ aus ihr heraus und bedurfte damit keiner weiteren Begründung.

Nun kann man aus der medialen Rezeption und aus der Sondierungsrunde heraus schon den Eindruck vermittelt bekommen, dass es inhaltliche Begründungen gibt für das sozialökologische Milieu, um Lindner blöd zu finden, speziell seine Ideen zur Steigerung der Erderhitzung. Nur betreiben die anderen faktisch diese Politik auch – oder sehen ohnmächtig zu. Mit Twitter kriegst du das definitiv nicht geändert. Angesichts der Mehrheitsverhältnisse nur mit Lindner.

Denken wir also groß, was soll’s, und fragen, wozu wir im Leben miteinander sprechen. Das ist das Band, das uns verknüpft. Wir sprechen miteinander, um uns als etwas Gemeinsames zu erleben.

In Teilen der Gesellschaft, die die Regierungssondierungen verfolgen, ist die Kultur völlig anders. Man spricht zum anderen, um sich darin bestätigt zu sehen, dass man sich nichts zu sagen hat. „Die Gräben ausleuchten“, wie Winfried Kretschmann das nennt. Und dann sagen: „Wusste ich’s doch, dass das Arschlöcher sind.“ Das ist die Kultur der alten Kernmilieus, die hinter den Verhandlern stehen, und zu der die Politiker sich verhalten.

taz am wochenende

Dieser Text stammt aus der taz.am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo. Und rund um die Uhr bei Facebook und Twitter.

Das muss man jetzt eben überwinden. Zunächst in der politisierten Mediengesellschaft, damit die Parteivertreter den Druck spüren, etwas hinzukriegen, und nicht die Angst, dafür ausgeschimpft zu werden. Es braucht ein anderes Sprechen, durchaus kontrovers, aber auf der Grundlage, dass es um das Gemeinsame geht. Um uns.

Das haben Kretschmann und CDU-Strobl in Stuttgart, Kubicki und Habeck in Kiel riskiert und ordentlich hinbekommen, also scheint das nicht menschenunmöglich zu sein. Das versuchen inzwischen grüne Sondierer, und da sind sie ausnahmsweise wirklich state of the art.

Jetzt hat die FDP allerdings ein echtes Problem. Lindner hat sie neu aufgebaut als liberale Alternative zu den aus seiner Sicht allesamt sozialdemokratischen Mitbewerbern. Er hat trotz AfD der nationalliberalen Versuchung widerstanden. Er hat die Mehrheitsvorbehalte gegen neue sozialökologische und europäische Wirtschaftspolitik mit antigrünem Spin bedient und davon profitiert.

German Mut, Europa gut

Die Union ist geschwächt, die SPD siecht, die Grünen müssten jenseits von Jamaika an ein Beatmungsgerät. Die FDP wäre die absolute Super-Oppositionspartei.

Lindner könnte die Kommunikation weiter mikroskopisch steuern, die Andersartigkeit der FDP behaupten, Ressentiments bedienen, die Ansprüche der digitalen, jungen Gesellschaft rhetorisch vertreten und in aller Ruhe weiterwachsen. Aber nun ist es halt anders, so ist das Leben.

Was bisher über die FDP rübergekommen ist: Oh, Gott, keine Kohlekraftwerke mehr. Oh Gott, keine Dieselautos mehr. Das klingt wie das üblich verängstigte Klammern an das Überkommene, das es wirklich im sozialdemokratischen Überangebot gibt.

Wenn ich Lindner richtig verstehe, geht es jetzt darum, dass die Zukunft nicht verweigert oder als soziale, ökologische oder wirtschaftliche Katastrophe beschrien wird. Sondern angegangen. German Mut, Europa gut.

Der Macron-Spirit als neue Kultur und Dach einer experimentellen Mehrheit, die sich aufeinander einlässt, um es hinzukriegen: Diesen Spirit gesellschaftlich zu implantieren ist das größte und nobelste Versprechen von Christian Lindner. It’s now or never.

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Peter Unfried
Chefreporter der taz
Chefreporter der taz, Chefredakteur taz FUTURZWEI, Kolumnist und Autor des Neo-Öko-Klassikers „Öko. Al Gore, der neue Kühlschrank und ich“ (Dumont). Bruder von Politologe und „Ökosex“-Kolumnist Martin Unfried
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19 Kommentare

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  • Bitte, wo ist Herr Konold abgeblieben ?

  • Nun darf ich Herrn Unfried mal gratulieren. Niemand dachte, dass die FDP standhaft sein kann. Und jetzt ist sie es.

     

    Keiner braucht den Herrn Lindner, aber Herr Lindner braucht seine FDP.

     

    Danke Herr Lindner, für das Standhafte.

  • Hier lese ich von klugen Kommentatoren das eine oder andere.

    Heute morgen, 3Sat ab 9 Uhr ein gutes Interview mit Yanis Varoufakis

    zu Frau Merkel und Herren Schäuble ... Macron spielt dabei übrigens eine Rolle.

    • @Pink:

      Fehlerkorrektur: ... zu Frau Merkel und Herrn Schäuble ...

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Ach der Macron-Spirit, der Kommission eine europäische Armee zur Verfügung zu stellen, zum Einsatz im Inneren gegen Kriminelle. Let's do it!

  • 4G
    4932 (Profil gelöscht)

    Lindner ist der größte Blender der letzten 50 Jahre und hat absolut nichts im Kasten als weiterhin die Reichen zu alimentieren. Für alle großen Probleme dieser Erde hat er überhaupt keinen Rat und kennt sich damit auch gar nicht aus.

  • 6G
    61321 (Profil gelöscht)

    Hätte er nicht schlicht schreiben können, dass wir zwar keine Kennedys haben, dafür aber einen Lindner, was ja im Grunde noch viel besser ist?

    Platz gespart und gut ist.

    • @61321 (Profil gelöscht):

      Naja - "Bald gras ich am Neckar -

       

      Bald gras am Heckler" - gell.

      Besser - wenn das nicht so - HochKoch´t - odr?!

      Si´cher dat.

      &

      Von Deutsch-Wagram.at mal ganz ab.

      kurz - Alles besser nich so groß an die Glock´ hängen.

      Newahr.

  • "& nochens" - aber si'cher dat!

    Gern. Dannichfür.

     

    "P.S.: Über das Suchfenster "unfried lindner" werden seit August 20 Einträge gefunden.

    Da mähtste nix

    Leider normal."

     

    So jet halt.

    kurz - PU - The HyperWanaWriter.

     

    So geht das.

    • @Lowandorder:

      Lach, da haben Sie aber nicht alles gelesen !

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Futurzwei eben, gell?

    • @571 (Profil gelöscht):

      Ja wie? Aber voll recycled - odr?

      Mehrbeidseitige Nutzung - wa!

      Der Erfolg liegt klar auf der Hand!

      Gellewelle - Wohlperformed!

      Dabei will'er doch den Soli abschaffen!

       

      (für - vorWende ungeübte -

      Ein ganz steinalter aus der -

      DÄDÄRÄ-Kiste - als Neues Deutschland

      = Wischewischpopo - Parteichinesisch -

      Auch klar!)

       

      Ergo & sodele ~> L&O

      "Soone Alter - Soone!

       

      Sorry - Aber wenn ich dieses fusselige -

      Angstbeißergesicht vom Feinsten a Fotto sehe.

      Denke ich doch glatt mal wieder an die - doch doch -

      - Eine eine Frage - gellewelle! have a look at ~> https://www.taz.de/A...chRahmen=Print/

      &

      Warum in Herrgottsdreiernamen -

      &Scheißenocheins -

      Nicht auf die Frauens gehört?! Nö. Nich! Woll!

      &

      Stattdessen Adorniert - Bis zum abwinken wird?!

      & - ok ok -

      Hörnmer doch mal rein -

      "....Was für ein Blödmann“, sagte die super Frau auf dem Sofa neben mir, als sie Christian Lindner in einer Talkshow sah. Selbstverständlich schütze ich ihre Anonymität, aber man kann verraten, dass der FDP-Chef noch gar nichts gesagt hatte.

      War nicht nötig.

      Es brach „natürlich“ aus ihr heraus und bedurfte damit keiner weiteren Begründung..."

       

      Genau Genau So isses - Alter!

      (Blindes Huhn - auch mal noch´n - Korn;)

      &

      Si´cher dat. Da mähtste nix.

      Normal."

  • 8G
    82236 (Profil gelöscht)

    Eben der Spirit von Sozialabbau, Steuergeschenken für die Reichen, Zerstörung des Arbeitsrechts, Nach-Hinten-Rudern in der Umweltpolitik und das alles super-cool verpackt. Wird gerade in Frankreich knallhart durchgezogen. Was dabei vergessen wird, ist, dass beim französischen Wahlrecht so ein cooler Haufen mit 30% der Wählerstimmen eine absolute Mehrheit im Parlament bekommen kann und dass der supercoole Präsident zur Not am Parlament vorbeiregieren kann. In Deutschland muss man sich zusammenraufen, um Mehrheiten zu bekommen und das ist superuncool...

  • Herr Unfried listet (richtigerweise) die Unzulänglichkeiten der Lindner-Programmatik mach dann, leicht tangierend, die Kurve um den Kretschmann'schen "Pragmatismus" und spricht dann doch seine (erwartete) Empfehlung für die Liberalen mit den Macron'schen Luftballons "Mut", "Zukunft", "Europa".

    Da kann man gleich zu einer Pulse-of-Europe-Versammlung gehen.

    • @agerwiese:

      Witzigerweise habe ich bei PU gar keinen Ansatz zum Puls of Europe gelesen oder bemerkt - manchmal überliest man ja.