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Elfmal so groß wie Olympia

SEGELN Viele Promis an Land, wenige auf dem Wasser – Olympia beeinflusst die Kieler Woche doppelt

In einer Bootsklasse treten behinderte und nichtbehinderte SeglerInnen gegeneinander an

Olympia ist für die diesjährige Kieler Woche ein zweischneidiges Schwert: Die Bewerbung für die Olympischen Spiele 2024 sichert ihr erhöhte Aufmerksamkeit und Promidichte an Land. Die kommenden Spiele in Rio de Janeiro führen dagegen zu eher dünnen Teilnehmerfeldern auf dem Wasser. „Die Qualifikationsregatten für Rio sind relativ dicht an der Kieler Woche terminiert“, sagt Regatta-Sprecher Hermann Hell.

So werden bei den 470ern der Männer und Frauen ab kommender Woche in Århus die Europameisterschaften ausgetragen. Wer dort Qualifikationspunkte für die Olympischen Spiele sammeln will, trainiert dort jetzt schon. Auch Deutschlands bester Segler Philipp Buhl verzichtet zugunsten der Laserweltmeisterschaft in Kanada auf einen Start in Kiel.

Die Kieler Woche selbst hat vor drei Jahren den Status einer Weltcupregatta verloren und zählt deshalb nicht mehr zur Olympiaqualifikation. Um dieses Manko etwas auszugleichen haben die Veranstalter das Preisgeld mit Unterstützung der Landesregierung Schleswig-Holsteins auf Weltcupniveau angehoben. Die Sieger der olympischen Klassen erhalten jeweils 3.000 Euro, 2.000 Euro gibt es für den zweiten und 1.000 Euro für den dritten Platz, insgesamt werden 60.000 Euro Preisgelder ausgeschüttet. So zeigen sich in den Olympischen Bootsklassen, die bis Dienstag auf dem Wasser sind, immerhin einige Weltklasseathleten.

Besonders attraktiv präsentiert sich in diesem Jahr die 2.4mR-Klasse, in der Behinderte und Nicht-Behinderte, Männer und Frauen bunt gemischt gegeneinander segeln. Neben Paralympics-Olympiasieger und Titelverteidiger Heiko Kröger, der das Feld schon am ersten Tag wieder dominierte, startet dort unter anderem der Bronzemedaillengewinner von 1972 Uli Libor. „Das Boot erlaubt es, dass ein Rollstuhlfahrer gegen einen nicht behinderten Olympiateilnehmer antreten kann“, sagt Hermann Hell – und kann immer noch nicht verstehen, dass das Segeln ab 2020 nicht mehr Teil der Paralympischen Spiele ist. „Das ist die größte Fehlentscheidung, die es bei den Paralympics je gegeben hat.“

Falls die Bewerbung für die Olympischen Spiele 2024 nicht am Volksentscheid scheitert, hofft die Kieler Woche ab dem kommenden Jahr auch auf dem Wasser wieder deutlichere Impulse setzen zu können. So will der Seglerweltverband ISAF, der laut Hell von der Kieler Bewerbung sehr angetan ist, in der Terminplanung künftig mehr Rücksicht auf die Kieler Woche nehmen, deren Termin unverrückbar festgeschrieben ist. Auch eine Rückkehr in den Weltcup ab 2018 scheint nicht mehr ausgeschlossen. Daran, dass Kiel eine Olympische Regatta organisatorisch stemmen kann, zweifelt ohnehin niemand. „Wir bewältigen hier das elffache Volumen eines Olympischen Segelwettbewerbs“, so Hell.  RALF LORENZEN

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