piwik no script img

DOMINIC JOHNSON ÜBER DIE FLUCHT DES SUDANESISCHEN PRÄSIDENTENDas Recht mit Füßen getreten

Wenn Nelson Mandela noch am Leben wäre, würde er sich im Grabe umdrehen

Wie peinlich ist das denn: Ein Gericht in Südafrika berät im Eilverfahren, ob ein Haftbefehl zu vollstrecken ist oder nicht, und noch während der laufenden Beratungen steigt der Verdächtige ins Flugzeug und fliegt davon, trotz geltendem einstweiligen Ausreiseverbot.

Man kann es für einen kleinen Triumph der Menschenrechte halten, dass Sudans Präsident Omar Hassan al-Bashir gar nicht erst das Ende des Staatengipfels der Afrikanischen Union (AU) abwartet und sich lieber heimlich aus dem Land schleicht, damit er nicht zufällig noch da ist, falls das zuständige Gericht die Verpflichtung der südafrikanischen Behörden zur Anwendung ihrer eigenen Gesetze bestätigt. Aber am Ende ist Bashir weg und Südafrikas Justiz steht nackt da. Wäre Südafrika ein Rechtsstaat, hätte Südafrikas Luftwaffe das gerichtliche Ausreiseverbot für Bashir respektiert und die auf ihrem Rollfeld herumsitzende sudanesische Präsidentenmaschine am Abheben gehindert. So aber ließ sie die rechtswidrige Ausreise eines wegen Völkermords gesuchten Staatsoberhauptes zu.

Wenn Nelson Mandela noch am Leben wäre, würde er sich im Grabe umdrehen. Respekt vor dem Gesetz und Pflege der Rechtsstaatlichkeit gehörten zu den Grundprinzipien des demokratischen Südafrika nach dem Ende der Apartheid-Willkürherrschaft. Aber Südafrikas heutiger Präsident Jacob Zuma und die ehemalige Befreiungsbewegung ANC scheinen jetzt kein Problem damit zu haben, das Recht mit Füßen zu treten.

Für Afrika ist dies kein gutes Zeichen. Noch immer steht Südafrika auf dem Kontinent für einen gewissen Mindeststandard bei der friedlichen Überwindung von Konflikten und der gerechten Aufarbeitung der Vergangenheit. Aber für andere Länder Afrikas ist aus Sicht des ANC Dauerkrieg und Staatsterror offenbar in Ordnung.

Schwerpunkt SEITE 4

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen