: Grünes Licht für Doppelspitze
LINKE Parteichefs einverstanden: Wagenknecht und Bartsch sollen Fraktion führen
VON TOBIAS SCHULZE
BERLIN taz | Um 13.22 Uhr meldet sich Sahra Wagenknecht per Pressemitteilung zu Wort. „Die SPD verzockt die Zukunft Europas“, schreibt Wagenknecht und attackiert die Sozialdemokraten wegen ihrer harten Haltung gegenüber Griechenland. Oppositionsalltag, ganz so, als wäre im Karl-Liebknecht-Haus nicht drei Minuten zuvor eine Pressekonferenz über Wagenknechts Zukunft zu Ende gegangen. „Ich darf sie darüber unterrichten, dass wir Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch als Kandidaten für den Fraktionsvorsitz vorschlagen“, hatte Bernd Riexinger dort verkündet.
Eine Personalentscheidung, mit der Riexinger und seine Co-Vorsitzende Katja Kipping die Erwartungen erfüllen: Die Nominierten sind die unangefochtenen Sprecher des linken (Wagenknecht) und des pragmatischen (Bartsch) Parteiflügels. Nachdem der bisherige Fraktionschef Gregor Gysi vor etwas mehr als einer Woche seinen Abtritt ankündigte, sprachen sich die Anhänger beider Flügel öffentlich für die designierte Doppelspitze aus. Und seit Wagenknecht am vergangenen Dienstag ihre Entscheidung aus dem März revidierte, auf keinen Fall für den Fraktionsvorsitz zu kandidieren, führte endgültig kein Weg mehr an den Beiden vorbei.
Und das, obwohl die Parteispitze den designierten Fraktionschefs reserviert gegenübersteht: Vor allem Katja Kipping ist nicht die größte Freundin von Wagenknecht und Bartsch. Dass Linken-Abgeordnete zuletzt über die Medien für das Duo warben, gefiel ihr überhaupt nicht. Per E-Mail an die Fraktionsmitglieder bat sie deshalb in der vergangenen Woche darum, die öffentliche Personaldiskussion einzustellen.
Quergestellt hat sie sich letztendlich doch nicht: Zu klar war, dass in der Fraktion niemand so viel Unterstützung erhalten würde wie die bisherigen Gysi-Stellvertreter. Dass die Linken-Abgeordneten bei den Wahlen im Oktober für Wagenknecht und Bartsch stimmen, ist somit nur noch Formsache. Offen ist dagegen, wie die neue Doppelspitze in der Praxis funktionieren wird. Inhaltlich sind sich die Kandidaten bisher in vielen Punkten uneinig. Für die Zukunft hat daher der Vorgänger einen Rat: Seine Nachfolger müssten „deutlich machen, dass sie die Vorsitzenden der gesamten Fraktion“ sein werden, sagte Gregor Gysi.
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