piwik no script img

„Ich bin zurück“

BURUNDI 24 Stunden nach Erklärung eines Staatsstreiches scheint Präsident Pierre Nkurunziza gewonnen zu haben

VON SIMONE SCHLINDWEIN

Als der Konvoi des Präsidenten in der burundischen Hauptstadt Bujumbura eintrifft, strömen seine Anhänger auf die Straße, die zum Präsidentenpalast führt, und jubeln. „Ich bin zurück in Burundi“, hatte der angeblich gestürzte Präsident Pierre Nkurunziza zuvor getwittert. Damit ist der Staatsstreich nach 24 Stunden gescheitert.

Burundis Präsident war am Mittwochmorgen zu einem Regionalgipfel in die tansanische Metropole Daressalam geflogen. Die Amtskollegen der Ostafrikanischen Union wollten mit ihm besprechen, wie die Krise in seinem Land beizulegen sei. Seit Wochen protestieren dort die Massen gegen seine dritte Amtszeit. Ende Juni sind Wahlen angesetzt. Nkurunziza darf laut Verfassung nicht mehr antreten. Seine Partei CNDD-FDD ernannte ihn dennoch zum Spitzenkandidaten. Daraufhin protestierten junge, oppositionelle Burundier wochenlang. Das Regime Nkurunzizas gilt als korrupt und ineffizient. Burundi ist eines der ärmsten Länder der Welt, gleichzeitig schwimmen einige „Big Men“ im Geld.

Kaum hatte Nkurunziza das Land verlassen, erklärte General Godefroid Niyombare, ehemaliger Geheimdienstchef, ihn für abgesetzt. Doch nicht alle in der Armeeführung zogen mit. Die ganze Nacht zankten sich die Generäle. Stabschef Prime Niyongabo blieb Nkrunziza treu und marschierte am Morgen zum Staatssender RNTB, um zu verkünden, der Putsch würde nicht durchgehen. Dann begannen die Kämpfe zwischen den rivalisierenden Armeeeinheiten.

Die meisten Gefechte fanden rund um den staatlichen Radiosender RNTB statt, wo sich die Loyalisten verschanzt hatten. Radiostationen sind strategische Einrichtungen. Ein Großteil der zehn Millionen Einwohner lebt auf dem Land, wo es keine Zeitungen oder Fernseher gibt. Das Radio ist das wichtigste Kommunikationsmittel. Deswegen hatten die loyalen Armeeeinheiten oppositionelle Sender in Brand und außer Gefecht gesetzt.

Nur der Staatssender RNTB meldete, dass die Loyalisten die Oberhand gewinnen. Doch es blieb lange unklar, ob dies auch stimmte. Immer wieder hallten Schüsse durch die Gassen. Putschisten beschossen das RNTB-Gebäude von Panzern aus.

Letztlich waren die loyalen Armeeeinheiten stärker. Niyombare hatte für seinen Staatsstreich nicht viele Einheiten mobilisieren können: Ein Panzerbataillon, die Fallschirmjägereinheit, die am Flughafen stationiert war, sodass die Präsidentenmaschine nicht landen konnte. Aber das Waffenlager blieb in den Händen der Nkurunziza-Anhänger. Ein Gewittersturm zog auf – Tropenregen ist immer gut, um Kriege in Afrika lahm zu legen.

Journalisten berichten von fünf Toten. Zehn Putschisten hatten sich laut BBC ergeben. Der Sprecher der Aufständischen, General Cyrille Ndayirukiye, sagte der Nachrichtenagentur AFP: „Ich erkenne persönlich an, dass unser Versuch gescheitert ist.“

Doch wo war der Präsident? Tansanische Behörden meldeten, er habe Tansania verlassen. Angeblich sei er über den Landweg tausend Kilometer von Daressalam durch die Serengeti zu Burundis Grenze gereist und dort von seiner Leibgarde nach Ngozi eskortiert worden, die Stadt, aus der er stammt. Auf dem Land ist Nkurunziza beliebt. Da fühlt er sich sicherer.

Kurz vor Sonnenuntergang bestätigt der Präsidentensprecher, Nkurunziza sei zurück und in Sicherheit. Manche befürchten einen Trick: „Du sitzt in einem 5-Sterne-Hotel in Tansania und führst deine Leute an der Nase herum, du seiest in Burundi. Hör auf mit dem Blutvergießen und dein Volk zu Flüchtlingen zu machen!“, twittert jemand. Jetzt geht die Angst um, es gibt Verhaftungen. Putschistenführer Niyombare sagte AFP: „Wir haben entschieden uns zu ergeben. Ich hoffe, sie werden uns nicht umbringen.“ Laut der Nachrichtenagentur Reuters ist er am Freitag verhaftet worden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen