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NDR begibt sich auf Spurensuche

DOKU Sind Blaulicht-Reporter Gaffer oder tapfere Journalisten?

„Der Bernd Eichinger des Blaulicht-Business residiert auf 80 Quadratmeter Fliese“, sagt NDR-Reporter Julian Amershi. Gemünzt sind diese blumigen Worte auf Gerrit Schröder, den Chefredakteur von „Nonstop News“ aus Delmenhorst-Ost. Der Mann ist ein Gaffer, und Gaffer haben kein gutes Image bei den Medien, weil sie oft Rettungsarbeiten behindern. Schröder aber wird fürs Gaffen bezahlt – von den Medien. Er verkauft Fernsehsendern Bilder von Unfällen und Bränden.

Für „Breaking News in Delmenhorst“, einen neuen Film der NDR-Reihe „7 Tage …“, versucht sich NDR-Autor Amershi selbst als Blaulicht-Reporter. Er rast mit Schröder durchs Oldenburger Land, um Autowracks zu filmen. Oder er sieht zu, wie Feuerwehrleute Möbel aus dem Fenster einer ausgebrannten Wohnung schmeißen.

Amershi ist hier in einer Welt gelandet, die von seinem Alltag „weit entfernt“ ist. Auch die Kollegen haben wenig gemein mit den Menschen, die man auf den Senderfluren trifft. Da gibt es den schluffigen Videospielfreak, der seit sechs Monaten ein Praktikum bei „Nonstop News“ macht, und den Nachtschichtkollegen, der Schlosser gelernt und später Handelsvertreter war. Ihr Boss philosophiert: Gehe es jemandem ganz schlecht, weil er seinen Job verloren habe, finde er „innerlichen Frieden“, wenn er das Unglück anderer sehe. Amershi und sein Koautor Martin Rieck (Kamera) denunzieren Schröder aber keineswegs.

Für Menschen, die irgendwas mit Medienkritik machen, ist „Breaking News in Delmenhorst“ ein Pflichtprogramm. Der Film zeigt auch, dass nicht nur Schmuddelsender Schröders Bilder kaufen, sondern auch der feine NDR. Der Text zum letzten Bild lautet: „Dieser Brand lief übrigens am nächsten Tag in der ‚Tagesschau‘.“ RENÉ MARTENS

■ „7 Tage … Breaking News in Delmenhorst“, NDR, 17. 5., 15.30 Uhr

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