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Olaf Latzel darf weiter hassen

KIRCHE Die Staatsanwaltschaft leitet kein Ermittlungsverfahren gegen Pastor Latzel ein. Seine Äußerungen seien Teil der Religions und Meinungsfreiheit

Latzels Einlassungen zur Zerstörung von Götzenbildern ist für die Staatsanwaltschaft keine Aufforderung zur Gewalt

Die Staatsanwaltschaft wird kein Ermittlungsverfahren gegen den St.-Martini-Pastor Olaf Latzel einleiten. Die Predigt, in der Latzel am 18. Januar gegen andere Religionsgemeinschaften gewettert hatte, sei durch die Meinungs und Religionsfreiheit geschützt. Latzel hatte das islamische Zuckerfest als „Blödsinn“, die Reliquien der katholischen Kirche als „Dreck“ und Buddha als „fetten, alten Herrn“ bezeichnet. Und der Islam, sagte er überdies, gehöre nicht zu Deutschland.

Die Hetztiraden bleiben nun auf ganzer Linie folgenlos: Bereits Mitte Februar hatte der Kirchenausschuss der Bremischen Evangelischen Kirche (BEK), zu der Latzels Gemeinde gehört, einstimmig beschlossen, kein Disziplinarverfahren gegen Latzel einzuleiten – gleichwohl schien die BEK nicht ohne Hoffnung auf die Staatsanwaltschaft zu schauen: Latzels Predigt, hieß es in der Erklärung des Kirchenausschusses, ließen „nicht den Auftrag erkennen, ‚die Botschaft von der freien Gnade Gottes auszurichten an alles Volk‘ (6. These der Barmer Theologischen Erklärung)“. Vielmehr sei sie von einer „gewaltsamen und polarisierenden Sprache geprägt“. Angesichts der Anschläge von Paris sowie der Pegida-Demonstrationen lasse „der Prediger die ihm gebotene Verantwortung für sein Reden vermissen“.

Renke Brahms, leitender Theologe der BEK, bezeichnete Latzels Predigt sogar als „geistige Brandstiftung“. Gleichwohl halte die BEK die in der Bremer Kirchenverfassung verankerte „Glaubens und Gewissens und Lehrfreiheit“ der Gemeinden hoch. Die Grenze sei erst beim Strafrecht erreicht, sagte im Februar der Leiter der BEK-Kanzlei.

Und da hat Latzel sich laut Staatsanwaltschaft Bremen nichts zu Schulden kommen lassen: Seine Predigt sei „nicht geeignet, den Tatbestand der Volksverhetzung (...) oder den des Beschimpfens und Verunglimpfens von Religionsgemeinschaften (...) zu erfüllen“, so die Begründung. Auch ein Anfangsverdacht bestehe nicht, weil sich Latzels „Äußerungen nicht auf Teile der Bevölkerung, sondern auf die religiösen Institutionen selbst beziehen“. Selbst Latzels Einlassungen zur Zerstörung von Götzenbildern – „Umhauen, verbrennen, hacken, Schnitte ziehen“ verlange Gott – stellt für Frank Passade, Sprecher der Bremer Staatsanwaltschaft, „im Gesamtkontext“ keine Aufforderung zur Gewalt dar.

Die Staatsanwaltschaft habe sich mit weiteren Vorwürfen gegen Latzel nicht beschäftigt, da diese nicht zur Anzeige gebracht worden seien – so auch nicht der Vorwurf eines Bremers, Latzel habe bei einem Kita-Fest seines Sohns gesagt, Abtreibungen seien Mord und schlimmer als die Ermordung der Juden in der NS-Zeit. Statt einer Anzeige, sagte der Betroffene gegenüber der taz, habe er ein Gespräch mit der BEK-Leitung gesucht. Das habe aber erst zwei Jahre nach dem Vorfall stattgefunden – ohne Ergebnis.  SCHN

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