: Der Orthopädieschuhtechniker
Name: Stefan Kilian
Beruf: Orthopädieschuhtechniker
Alter: 48
Lebt in: Prenzlauer Berg, geschieden, fünf Kinder
Beschäftigungsverhältnis: unbefristete Vollzeitstelle, arbeitet 40 Stunden pro Woche
Einkommen: Vor fünf Jahren, als er bei seiner Firma anfing, waren es 2.200 Euro brutto (das aktuelle Gehalt darf er aus Vertragsgründen nicht sagen).
Jahresurlaub: 25 Tage
Stefan Kilian: „Ich leite eine Filiale meiner Firma in Straußberg. In unserem Laden, der vorne wie ein ganz normales Schuhgeschäft aussieht, nehme ich drei Tage in der Woche Aufträge an, spreche also mit Patienten und gucke, was das Beste für den jeweiligen Fuß ist. Mittwochs habe ich Werkstatttag, da muss ich die Aufträge der Woche dann abarbeiten. Freitags fahre ich nach Frankfurt (Oder) in unsere Filiale, dann brauchen sie mich als Meister. Ich habe 33 Jahre Berufserfahrung, vor 25 Jahren habe ich den Meister gemacht.
Ich war 18 Jahre lang selbstständig, vor fünf Jahren habe ich meinen Laden verkauft. Seitdem geht es mir psychisch viel besser. Mir sitzt nicht mehr diese Angst im Nacken, dass das Geld nicht reicht, um die Leute zu bezahlen. Das ist schon angenehm, nicht mehr für alles verantwortlich zu sein, dafür nehme ich gern in Kauf, dass es weniger Geld gibt.
Ich liebe das, was ich tue – einem Patienten helfen zu können. Ich habe Freude daran, mich mit den Menschen und ihren Problemen auseinanderzusetzen. Auch wenn die Arbeit körperlich und geistig ganz schön anstrengend ist. Freitagabend bin ich immer komplett platt. Aber es ist nach wie vor mein Traum. Ich verstehe mein Handwerk, und ich kann etwas bewirken: Wenn der Patient am Ende zufrieden rausgeht, das ist super.
Das Gehalt könnte höher sein, klar. Als ehemaliger Selbstständiger weiß ich, welche Gewinnmargen in der Branche drin sind. Andererseits hat unsere Firma auch hohe Kosten, die Filialen, der Fuhrpark. Sagen wir es so: Ich akzeptiere, was ich verdiene, aber es bleibt nicht viel übrig am Monatsende. Ich habe fünf Kinder, wobei vier aus dem Haus sind – aber die kosten ja auch noch, Studium und so.
Was die Vereinbarkeit mit der Familie angeht, ist mein Arbeitgeber super: Ich kann montags und dienstags, dann ist unsere zwölfjährige Tochter immer bei mir, halbtags arbeiten – und komme trotzdem über die ganze Woche auf 40 Stunden, weil ich mittwochs bis freitags länger mache. Super ist auch, dass die Pendelei freitags nach Frankfurt als Arbeitszeit gewertet wird: Das sind ja hin und zurück drei Stunden am Tag. Da ist mein Chef mir entgegengekommen, weil er mich braucht.“
PROTOKOLL: SUM
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