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„Die ist ein Leckerbissen“

In Clemens Schönborns Komödie „Der Letzte macht das Licht aus“ wollen drei arbeitslose Berliner Bauarbeiter auswandern. Andreja Schneider, Mira Partecke und Jenny Schily geben die Freundinnen. Ein Gespräch mit den drei Schauspielerinnen

Andreja Schneider (links) spielt im Film die Hausfrau Karin; man kennt sie als Teil des Comedy-Trios Geschwister Pfister. Jenny Schily (Mitte) spielt Ella; sie gehört zum Ensemble der Schaubühne. Mira Partecke (rechts) ist Volksbühnenschauspielerin; im Film gibt sie Mandy FOTO: WOLFGANG BORRS

INTERVIEW JENNI ZYLKA

taz: Oberflächlich betrachtet geht es im Film um drei Männer, die auswandern möchten, aber eigentlich geht’s darum, was deren Frauen wollen, oder?

Andreja Schneider: Ich hab’s eher als Buddymovie in der guten englischen Art gesehen: Männer müssen sich mit einem Schicksal auseinandersetzen, trotzdem sind die Frauen nicht unterrepräsentiert.

Jenny Schily: Beim Lesen und beim Machen steckt man so drin, da hab ich das auch so gesehen. Aber beim zweiten Mal Angucken hab ich gemerkt: Stimmt, die Frauen sind mindestens so präsent wie die Männer – was mich natürlich gefreut hat.

Wie würdet ihr eure Charaktere beschreiben?

Mira Partecke: Ich bin eine Masseuse – stand in der Zeitung. Dabei spiel ich doch eine Physiotherapeutin!

Andreja Schneider: Außerdem würdest du ja eh „Masseurin“ sein. Das heißt ja auch „Friseurin“.

Mira Partecke: Echt, sagt man jetzt „Friseurin“?

Ja, die werden sonst stinksauer und schneiden einem eine fiese Stufe in den Hinterkopf.

Mira Partecke: Also, beim Drehen hab ich gedacht, das sei eine Trennungsgeschichte! Und Mario Irrek, der Silvio spielt, hat gedacht: Die trennen sich nicht.

Wie ist sie denn, Ihre Figur überhaupt, die Mandy?

Andreja Schneider: Die ist ein Leckerbissen!

Mira Partecke: Die ist so positiv! So bin ich gar nicht…

Was mag sie an diesem miesepetrigen Silvio?

Mira Partecke: Ich finde, die passen total gut zusammen. Die haben beide so etwas individuell Liebes…

Jenny Schily: Etwas Vertrautes…

Mira Partecke: Genau, das wirkt so, als hätten die sich…

Andreja Schneider: …im Sandkasten kennengelernt.

Mira Partecke: Aber jetzt denke ich wieder, die trennen sich doch. Das merkt sie vielleicht intuitiv… darum sagt sie auch „vielleicht“, als er fragt, ob sie ihn heiratet.

In Sachen Intuition ist Ella genau das Gegenteil, oder?

Jenny Schily: Ja. Wenn man davon ausgeht, dass sie während der Hypnose die Wahrheit spricht, dann will sie ja vor allem einen starken Mann… Ich hab gerade Amy Whinehouse gehört auf dem Weg hierhin, und da geht’s immer darum. Jedenfalls, Ella ist gelangweilt von dem intellektuellen Milieu, in dem sie sich als Journalistin aufhält, und geht im Imbiss arbeiten. Das fand ich toll, denn ich glaube, es gibt sehr viele Leute, die nicht wirklich erfüllt sind von dem, was sie umgibt, aber wirklich einen Job zu suchen in einer Würstchenbude, das finde ich sehr konsequent und mutig, das gefiel mir an der Rolle. Und dann fällt sie erst mal auf die Nase, weil sie denkt, sie hat so einen wie Micha im Griff…

Micha fand ich undurchschaubar – zuerst ist er Angeber, dann doch ein Lieber…

Jenny Schily: Das finde ich gut an dem Film, dass er sich nicht anbiedert und dass die Figuren alle zwei Seiten haben… bei ihm ist das auch so, einerseits ist er der Streber, ein Macker, und andererseits ist er einfach einsam, sanft und hat Antidepressionstee zu Hause…

Frau Schneider, Sie spielen Karin, die Hausfrau, sehr überzeugend, das war interessant – eigentlich stelle ich mir Sie immer eher in Pailletten als mit Lockenwicklern vor.

Andreja Schneider: Karin ist eine moderne Hausfrau, die aus pragmatischen Gründen eine Weile zu Hause bleibt, aber genauso pragmatisch entscheidet: Gut, jetzt geht der nach Norwegen, mein Entschluss war das nicht, dann such ich mir jetzt eine Wohnung und fange an zu arbeiten, super.

Normalerweise sind die weiblichen Nebenrollen in Filmen ja meist karitatives oder hübsches Beiwerk: Sie tupfen dem Helden die Wunde ab oder sind heiße Bräute, also Beute. Ihre Figuren sind alle stark. Außerdem sind sie im Film viel komplexer als die Männer: Die sind relativ einfach gewickelt.

Mira Partecke: Stimmt, die haben eben dieses eine Problem, und daran hangeln sie sich lang.

Andreja Schneider: Aber so ist es doch auch!

Jenny Schily: Ja, vor allem dieses Auf-eine-Sache-fokussiert-Sein, Tunnelblick, und Frauen sind ja Multitaskingtalente…

Sie haben alle viel Theater gespielt. Muss man sich für Kinofilme eigentlich zurücknehmen?

Andreja Schneider: Kameraarbeit ist viel privater. Da nimmt man sich automatisch zurück.

ZUM FILM

In Clemens Schönborns Film „Der Letzte macht das Licht aus“ lernen sich drei Bauarbeiter bei einem Norwegischkurs kennen. In Skandinavien, hoffen sie, entkommen sie der Arbeitslosigkeit. Silvios Freundin Mandy ist gar nicht unglücklich über sein Vorhaben, Norberts Ehefrau schmiedet ihre eigenen Pläne, und Micha verliebt sich ausgerechnet jetzt in die Akademikerin Ella. Mit viel Gespür für den Baustellen-Ton porträtiert Schönborn Männer und Frauen in Zeiten der Arbeitslosigkeit.„Der Letzte macht das Licht aus“. Regie: Clemens Schönborn. Mit Mira Partecke, Jenny Schily u. a., D 2007, 86 Min.

Mira Partecke: Ja, ich finde das total angenehm, dass man nicht so schreien muss.

Ist man auf der Bühne nervöser?

Jenny Schily: Ich bin bei beidem nervös. Beim Theater hat man so einen Bogen, mit dem man versuchen kann, das über den Abend zu retten. Beim Film muss man bei diesen winzigen Takes da sein, dann wieder stundenlang warten. Das ist komisch unrhythmisch. Obwohl es auch Spaß macht.

Gilt unter Schauspielern immer noch, dass viele Film oder Fernsehen gar nicht machen würden?

Mira Partecke: Als ich von der Schauspielschule kam, war es das Allerletzte, im Fernsehen aufzutreten. Früher hat man auch immer gesagt, Theaterschauspieler können keine Filme drehen. Ich hab jetzt eher das Gefühl, man muss ganz vieles machen. Nicht nur schauspielern. Werbung würde ich aber immer noch nicht machen. Im Internet war ein Bild von mir, da sehe ich irgendwie so aus, dass mich ständig eine Werbeagentur angerufen hat und wollte, dass ich einen Kaffeespot mit ihnen drehe.

Würden Sie alle keine Werbung machen?

Andreja Schneider: Ich hab schon mal. Wir hatten einen Sponsoren mit den Geschwistern Pfister, und für den haben wir geworben. Ich würde das aber überhaupt nie so flächendeckend machen wie Harald Schmidt oder Thomas Gottschalk oder oder…

Johannes B. Kerner… für Geflügelwurst, igitt.

Andreja Schneider: Veronica Ferres sucht sich ihre Werbung ja auch sehr gewählt aus. Die macht ja auch… fast nix… (kichert)

Darf ich das schreiben?

Andreja Schneider: Klar.

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