der zweite Tag:
Ach ja, die liebe Popkultur. Die zweite Natur unserer Epoche, das nicht Hinterfragbare, das, was einfach da ist. Und das dann toll ist, weil es da ist. Dessen Anwesenheit uns ein Gefühl für das Göttliche gibt. „Pure Emotion“, wie Festivalleiter Dieter Kosslick das vor einigen Tagen in seinem unnachahmlichen Rockistenslang genannt hat. Das, was uns dann mächtig einheizt, wie man im gleichen Duktus hinzufügen könnte. Die liebe Popkultur gibt uns die Topmeldung des Tages: Die Rolling Stones sind da. Dabei wollen wir es belassen.
„Pure Emotion“ ist aber ein schönes Stichwort, denn der französische Regisseur und diesjährige Berlinale-Jury-Präsident Constantin Costa-Gavras sagte gestern in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AP, er habe für Filme einen einfachen Qualitätsmaßstab entwickelt: „Ich finde, Filme müssen einen berühren.“ Einigen Produktionen gelinge das mehr, anderen weniger. „So wähle ich aus.“ Obwohl er der Jury vorsitze, wolle er Filme keinesfalls „beurteilen“. „Das Wort Urteil hat so etwas von Gericht, das gefällt mir nicht.“
Ähnlich salomonisch antwortete Costa-Gavras auf die Frage, ob er die Berlinale für ein politisches Festival halte: „Im Prinzip sind alle Filme politisch.“ Geklärt werden müsse zunächst, was Politik eigentlich sei. Für ihn bezeichne Politik das Verhältnis zwischen Alltag und Leben. Natürlich gelte die Berlinale als politisches Festival, weil sie 1951 zu Zeiten des Kalten Krieges in Westberlin gegründet worden sei. Darüber hinaus würden viele politisch und sozial engagierte Filme gezeigt. „Aber im Wesentlichen gilt immer: Es sind schöne Filme.“
Sorgen bereitet dem Oscar-Preisträger, der 1969 mit dem Politthriller „Z“ den internationalen Durchbruch feierte, die zunehmende Digitalisierung der Medienwelt. Davon werde demnächst auch die Filmbranche noch stärker betroffen sein, ähnlich wie bereits heute die Musikbranche. „Alles ändert sich, wir wissen noch nicht, wohin die Reise geht.“
Vielleicht sollte er Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) fragen. Der würde wahrscheinlich antworten: nach Berlin! Denn, sagte Wowereit gestern, die Internationalen Filmfestspiele rückten die Filmstadt Berlin mehr denn je ins Zentrum der weltweiten Öffentlichkeit! Außerdem, und da sind die Rolling Stones dann doch noch mal, freue er sich über die „musikalische Akzentuierung“. „Ich finde es großartig, dass es Berlinale-Direktor Dieter Kosslick geschafft hat, die Rolling Stones in unsere Stadt zu holen“, fügte der SPD-Politiker hinzu. Das sei eine „tolle Attraktion und für die Fans ein Knüller“. Aber auch auf Popstar Madonna sei er „sehr gespannt“.
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