zehnter Tag und Schluss:
Die Berlinale neigt sich dem Ende zu, und was könnte ein besserer Abschluss sein als ein Besuch von Natalie Portman und Scarlett Johansson, die in Justin Chadwicks opulentem Kostümdrama „The Other Boleyn Girl“ mitmachen. Der Film spielt zu Zeiten Heinrichs VIII. im 16. Jahrhundert – das war der englische König, der sechsmal verheiratet war und wegen seiner zahlreichen Ehen den Bruch mit katholischen Kirche vollzog und die anglikanische Kirche abtrennte und sich zu ihrem Oberhaupt aufschwang. Der Film kommt demnächst in die Kinos und läuft im Wettbewerb, aber außer Konkurrenz. Was natürlich ein großer Unfug ist, entweder Wettbewerb oder keine Konkurrenz. Aber wir sind hier bei der Berlinale und da geht alles! Die ganze Kategorie ist ja eine Mogelpackung und zu nichts da, als Stars in die Stadt zu locken. Tatsächlich rätselt Berlin: wo werden sich Natalie Portman und Scarlett Johansson heute Abend herumtreiben? Werden sie in Kreuzberg ausgehen, dem neuen In-Bezirk der Hauptstadt, der sich aus seiner Neunzigerjahre-Agonie erholt hat?
Die Cineasten sprechen derweil über die Verleihung der Bären. Es gibt Stimmen, die sagen, dass dieses Jahr einfach gar kein Goldener Bär verliehen werden sollte. Um ein Zeichen zu setzen. Gegen den „schwachen Wettbewerb“, wie sie das dann nennen. Ein alter Berlinale-Gesprächs-Topos, den man jedes Jahr wieder gerne aufsucht. Mitunter hört man sogar Leute seufzen, die sich nach den Tagen von Moritz de Hadeln zurücksehnen! Da hätte es noch Haltung gegeben. Wenn das keine Geschichtsklitterung ist!
So oder so, die nach dem Ausstieg von Weltstar Sandrine Bonnaire und der dänischen Regisseurin Susanne Bier auf sechs Leute reduzierte Jury unter Constantin Costa-Gavras hat nun die Qual der Wahl. Mit großem Abstand als Favorit gilt unter den 21 Filmen im offiziellen Wettbewerb das bereits für acht Oscars nominierte, amerikanische Ölsucher-Epos „There Will Be Blood“ mit Daniel Day-Lewis in der Hauptrolle. Sein Regisseur Paul Thomas Anderson hat bereits im Jahr 2000 mit „Magnolia“ den Hauptpreis der Internationalen Filmfestspiele Berlin gewonnen. Die einzige Gelegenheit, das deutsche Kino zu prämieren, dürfte der Silberne Bär für den Besten männlichen Hauptdarsteller sein: Elmar Wepper wird hierfür gehandelt, der in dem ansonsten miserablen Doris-Dörrie-Film „Kirschblüten – Hanami“ mitspielt. Für die beste weibliche Hauptrolle dürfte es ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Sally Hawkins (Poppy in Mike Leighs Komödie „Happy-Go-Lucky“) und Tilda Swinton („Julia“ von Erick Zonca) geben. Aber am Ende kommt ja eh immer alles anders.
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