ortstermin: denkmal fün john lennon: Ein Beatle erobert Verden
In der Reihe „Ortstermin“ besuchen AutorInnen der taz nord ausgewählte Schauplätze am Rande des Nachrichtenstroms
Man gab sich betont feierlich, am Samstagmorgen in Verden. Bürgermeister Lutz Brockmann erzählte, wie das Denkmal nun am selben Fleck stehe, an dem John Lennon vom 14. bis zum 16. September 1966 den Gefreiten Gripweed darstellte. Teile des Films „Wie ich den Krieg gewann“ wurden damals hier gedreht. Für Verden damals eine große Sache und heute immer noch. Wer sich den Film in voller Länge bei Youtube ansieht, erkennt zudem noch dieselben Häuser, die Lennon und Kollegen als britische Soldaten damals „zerbombten“. Landrat Peter Bohlmann hat auch ein paar feierliche Worte vorbereitet. „Du magst nun sagen, ich sei ein Träumer. Aber ich bin nicht der Einzige“, zitiert er er den Beatle. „Mit diesen Zeilen aus ‚Imagine‘ möchten wir uns bei John Lennon für seinen Kriegsfilm bedanken.“
Dafür, dass das Wetter unter aller Sau ist, haben sich verhältnismäßig viele Verdener am Mühlentor eingefunden. Der Rest der Stadt ist gespenstisch leer gefegt, nur in der kleinen Straße direkt an der Aller wartet ein Pulk von etwa 40 Verdenern.
„Ein Beatle in Verden“ heißt es stolz auf der neben dem Denkmal stehenden Plakette. Natürlich ist das hier weder die Beatles-Wiege Hamburg noch Liverpool. Tatsache ist aber, dass John Lennons dreitägiger Aufenthalt ihn enorm prägte: In Verden kaufte er nämlich seine erste, große, runde Markenzeichenbrille.
Kurt Niebuhr hat den Besuch des Promis damals live miterlebt. „Wie ich den Krieg gewann“ wurde direkt vor seinem Haus gedreht. Der heute 82-Jährige konnte den Beatles damals nicht viel abgewinnen. Dann zerbeulte ihm das Filmteam auch noch die Haustür mit Handgranatenattrappen. Zu guter Letzt trank ausgerechnet Herr Lennon bei Herrn Niebuhr einen Tee, nahm dazugehörigen Teelöffel jedoch einfach mit. Tür kaputt, Löffel nicht abgegeben, Herr Niebuhr war empört.
Letzterer Umstand hat sich mittlerweile ja zumindest metaphorisch erledigt und Kurt Niebuhr hat sich mit dem berühmten Gast versöhnt. Zur Eröffnung des Denkmals betont er stolz, wie John Lennon ihm gegenüber ganz natürlich und frei von Starallüren gewesen sei. Vor seiner neuen Haustür steht das Denkmal nun immerhin – anders als in Hamburg, wo man seit sieben geschlagenen Jahren mit einer überdimensionalen Schallplatte und fünf Statuen am Eingang zur Großen Freiheit liebäugelt.
Erste Entwürfe für das Verdener Denkmal gab es im November 2007, seit Januar wurde gebaut, jetzt stehen die drei etwa kniehohen Pfähle, dekoriert mit einer Friedhofsnelke und einer roten Rose. Der höchste Pfahl zeigt eine John-Lennon-Skizze mit Friedenstaube auf dem Kopf, beide könnten von Keith Haring stammen. Stattdessen betont der Künstler Uwe Blaschke kühn, er habe John Lennon so gezeichnet, wie dieser sich vermutlich selbst auch gemalt hätte.
Finanziert wurde das 2.600 Euro teure Denkmal durch Spenden. Die Stadt erhofft sich nach Angaben der Stadtmarketing-Expertin Daniela Baron nun Pilgerfahrten von Beatles-Fans. Veranstaltungen rund um die Band soll es in Zukunft am Mühlentor geben, so zum Beispiel die momentan laufende Fotoausstellung „Many Faces of John Lennon“ mit Bildern von Astrid Kirchherr und Max Scheler, die die Band in den Sechzigern zeitweise begleiteten.
Ein solcher Fan ist bereits für die Enthüllung extra aus Hannover angereist. „Ich habe die Entwürfe von Uwe Blaschke schon im Internet gesehen,“ erzählt Alfred Ebeling. Letztes Wochenende war der Hardcore-Fan auf den Spuren der Beatles in Hamburg unterwegs, im Juni macht der 57-Jährige einen Trip nach Liverpool. „Das Denkmal finde ich sehr gut, das ist wirklich gut gelungen.“
JESSICA RICCÒ
Fotohinweis:Der Künstler Uwe Blaschke steht am Samstag nach dessen Enthüllung hinter dem von ihm entworfenen John-Lennon-Denkmal in Verden. Nachdem Hamburg auf der Reeperbahn nicht zu Potte kommt, ist es das erste Denkmal für einen der Beatles in Deutschland Foto: DPA
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