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berliner szenen Dialoge allein (2)

Schachtel drei, Spule fünf

Wie schön das aussieht! Tannenzapfen im Frühjahr. Ganz weich, ganz rot, ganz klein. Wie etwas in die Länge gezogene Himbeeren. Dass mir das bislang noch gar nicht aufgefallen ist! Stattdessen Schachtel drei, Spule fünf. Spuuuuule fünf. Bei jedem Abitursjahrgang wieder. Beckett damals noch im Schiller-Theater. Wie lang ist das eigentlich her? Doch diesen Anblick kann ich nicht aus solchen Pappschachteln herausziehen. Woran ich wohl noch vorbeigelebt habe? Dieser Satz des älteren Kollegen, noch klassisch humanistische Prägung, am Tage, als ich zum ersten Mal vor einer Klasse stand: In den Einzelheiten erkennen wir Gott, Herr Kollege, Gott pantheistisch als Gesamtheit der Schöpfung verstanden. Immer verdränge ich den Autor dieses Satzes. Doch, jetzt weiß ich’s sofort: Spinoza. Das Langzeitgedächtnis arbeitet bis zuletzt. Kam mir damals so bildungsbeflissen vor, papieren, altbacken, dieser Satz. Affirmativ! Habe ich nicht sogar gelacht? Und gesagt: Die Zusammenhänge erkennen und kritisch analysieren, Herr Kollege, das ist die Notwendigkeit unserer Zeit! Und hat dieser Kollege – wie war noch mal sein Name? – nicht mit einem Mal geradezu traurig ausgesehen? Wie ausgemustert. Und jetzt dieser Tannenzapfen. Alles sprießt! Das passt zu dieser Schulklasse da vorne, die wohl gerade Sport hat und um den Rasen läuft. Den Papierdrachen in der Baumkrone habe ich aber schon vor Wochen gesehen. Schachtel drei, Spule fünf stimmt, dafür lege ich meine Hand ins Feuer. Einen dieser kleinen Tannenzapfen sollte ich nach Hause nehmen, ablegen in einer Pappschachtel –

sagte ein Mann, 67, langer Trenchcoat, Hände hinterm Rücken verschränkt, als er im Kleist-Park unter einem großen Baum stand. DIRK KNIPPHALS

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