kurzkritik: Rossinis „La Cenerentola“: Absolut jugendfrei
Michael Hampe ist Opernregisseur. Seine Kunst ist aber die des Restaurators: Wie jener schadhafte Oberflächenbezüge einer Kommode behutsam entfernt, das Holz mit Leimlasur neu grundiert und mit Schellack poliert – so verfährt Hampe mit Opern. Auch mit Rossinis „La Cenerentola“ – also Aschenbrödel. Die hatte am Samstag am Goetheplatz Premiere. Ehrlich: Es war wunderhübsch. Und so radikal!
Denn Hampe ist radikal: Konsequent verweigert er jeden Versuch, Aktualität herzustellen. Was das gespielte Werk der Gegenwart des 21. Jahunderts bedeuten könnte – danach dürfen andere fragen. Hampe tut’s nicht. Und wozu auch? Wäre denn das Schöne nicht ewig? Munden Tournedos heute nicht mehr, bloß weil Rossinis Rezept so alt ist? Bedarf die unbändige Euphorie seiner Finales, die perlende Eleganz seiner Koloraturen einer anderen Rechtfertigung, als der: Elegant und virtuos gesungen zu sein?
Und das werden sie: Scharf und schnittig die Soprane der fiesen Schwestern, denen der Komponist unvorteilhaft-kläffende Sprünge verordnet hat. Damit die Cantilenen des herzsensguten Aschenputtel noch sympathischer klingen: Tamara Klivadenkos Mezzo umfasst wunderbar timbrierte Tiefen und strahlt prachtvoll in der Höhe. Toll. Und das Orchester entfaltet zuverlässige Farbigkeit. Hampe hat Bremen ein hochwertiges und absolut jugendfreies Nostalgie-Vergnügen verschafft. Aufwühlend wie ein Biedermeier-Sekretär im Roselius-Haus. Und ein Genuss für jeden, dem museal kein Schimpfwort ist. bes
Nächste Aufführungen: 18., 22., 26. & 30. 4., 19.30 Uhr, 20. 4., 18 Uhr
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