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Kontrapunkt gegen die schicke Schanze

Eine zu gründende Stadtteil-Genossenschaft will auf dem Schlachthof-Gelände ein nicht-kommerzielles soziales Zentrum für das Schanzen- und Karoviertel einrichten. Morgen wird zur ersten Diskussion über diese Pläne gebeten

Das Quartier bewegt sich – leider in die falsche Richtung. Das finden zumindest die Publizistin und Pressearbeiterin Tina Fritsche und der Schiffsbauer Georg Hanke, die Initiatoren des Projekts „Sozialgenossenschaft St. Pauli Nord“: Steigende Mieten und die aggressive Ansiedlung immer neuer gastronomischer Anziehungspunkte hätten viele sozial schwächere Mieter, aber auch öffentlich nutzbare Flächen und Gebäude aus Schanzen- und Karolinenviertel verdrängt.

Dagegen soll ein Kontrapunkt gesetzt werden: ein neues, nicht kommerzielles Stadtteilzentrum im ehemaligen Pferdestall des Schlachthof-Geländes an der Sternstraße, Ecke Feldstraße – getragen von einer neuen Stadtteil-Genossenschaft. Wie diese aussehen könnte, darüber zu diskutieren sind Bewohner der beiden Stadtteile wie auch Interessierte überhaupt für den morgigen Abend eingeladen.

„Wir stellen uns hier einen Treffpunkt für alle Stadtteilinitiativen und Menschen aus dem Viertel vor, einen offenen Ort zum feiern, diskutieren und lernen“, beschreibt Tina Fritsche die Grundzüge des Projekts. Das Problem: Die inzwischen private Stadterneuerungs- und Stadtentwicklungsgesellschaft (Steg), die das städtische Gebäude verwaltet, erlaubt bislang nur die Nutzung von Teilen des Komplexes: Hier betreibt die Lerchenhof-Genossenschaft das Stadtteilcafé „Palé“. Angesichts der Abneigung, die Beobachter seit Jahren zwischen Steg-Chef Hans Joachim Rösner und Lerchenhof-Vorstand Michael Hermann ausmachen, droht zudem die Beendigung des Mietvertrags Ende des kommenden Jahres.

Nun wollen Fritsche und Hanke „einen neuen Anlauf“ zum nicht-kommerziellen Fortbestand des 520 Quadratmeter umfassenden Gebäudes nehmen. Dem Vernehmen nach haben sie dabei auch die rot-grüne Regierung des Bezirks Mitte auf ihrer Seite. Doch das allein reicht nicht: „Wir brauchen viele Anwohner, Projekte und Initiativen, die bereit sind, dieses soziale Zentrum mit Leben zu füllen“, sagt Fritsche, „und auch finanziell zu tragen.“ Denn statt auf staatlich finanzierte Planstellen setzen die Initiatoren auf „Eigeninitiative und ehrenamtliches Engagement“.

Ob es solches Engagement aus dem Stadtteil heraus geben könnte, dazu soll die erste öffentliche Diskussion über die Genossenschaftspläne erste Hinweise liefern. MARCO CARINI

Diskussionsveranstaltung: Di, 3. Juni, 19.30 Uhr, Sternstr. 2 Weitere Infos: solidarisch@gmx.de

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