: Keine Versicherung gegen die Krise
Finanzmarktprobleme belasten Bilanzen von Allianz, Ergo und AMB Generali. Deren Kunden wird das voraussichtlich höhere Prämien und sinkende Überschussbeteiligungen bescheren. Verbraucherschützer warnt jedoch vor hektischen Reaktionen
VON STEPHAN KOSCH
Versicherungskunden drohen spätestens im kommenden Jahr steigende Beiträge und sinkende Überschussbeteiligungen. Denn die gestern und vorgestern veröffentlichten Halbjahreszahlen der großen Assekuranzen zeigen, wie stark die US-Finanzmarktkrise ins Kontor gehauen hat. Egal ob Allianz, die Ergo oder AMB Generali – sie alle meldeten schrumpfende Gewinne und mussten ihre Prognosen zurückschrauben, sofern sie überhaupt noch welche wagen. „Das wird sich unter Umständen auf die Überschussbeteiligung bei vermögensbildenden Lebens- und Rentenversicherungen auswirken“, sagte Lars Gatschke, Versicherungsexperte beim Bundesverband der Verbraucherzentrale der taz.
Denn die Versicherer legen das Geld, das sie über die Prämien einnehmen, wieder an den Kapitalmärkten an. Zum Teil nutzten sie dabei auch risikoreichere Finanzprodukte des US-Immobilienmarktes. Und seitdem dort die Kredite platzen und nicht nur Hausbesitzer, sondern auch große Hypotheken- und Investmentbanken zahlungsunfähig wurden, sinkt der Wert des Anlagevermögens auch bei deutschen Versicherern.
So meldete gestern die Allianz, dass sich die Belastungen durch die Finanzkrise im ersten Halbjahr auf 3 Milliarden Euro beliefen. Dabei macht dem Konzern aber vor allem die ungeliebte Tochter Dresdner Bank zu schaffen, die allein von April bis Ende Juni einen Verlust von 545 Millionen Euro anhäufte – nach einem Gewinn von über 400 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum. Alles in allem sank der Gewinn der Allianz um 28 Prozent auf 1,54 Milliarden Euro.
Doch die Münchener sind nicht allein mit diesen Problemen. Am Vortag hatte bereits die Ergo-Gruppe, zu der unter anderem die Marken Hamburg-Mannheimer, DKV und Victoria gehören, einen Gewinnrückgang um 134 Millionen auf 403 Millionen Euro gemeldet. Auch bei der Aachener Versicherungsgruppe AMB Generali sank der Gewinn um 40 Prozent, vor allem durch die Halbierung des Kapitalanlageergebnisses als Folge sinkender Kurse am Aktienmarkt. Der niederländische Versicherer Aegon gab gestern ebenfalls eine Halbierung seines Gewinns bekannt. Und das alles ist noch rosig gegen den Verlust von 5,4 Milliarden US-Dollar, den der US-Branchenriese American International vermeldete.
Wer als Versicherungskunde bei diesen Zahlen in Hektik gerät, den mahnt Gatschke zur Besonnenheit. Zwar träfen die Finanzmarktprobleme zum Beispiel Inhaber fondsgebundener Policen und sorgten für Wertverluste im Depot. Real würden diese aber erst, wenn die Fondsanteile tatsächlich verkauft würden. Und da bei einer langfristigen Geldanlage auch die Chance besteht, dass die Verluste wieder ausgeglichen würden, sollten Verkäufe oder Umschichtungen wohl überlegt sein.
Hinnehmen müssen die Kunden auch die zu erwartenden Abschläge bei der Überschussbeteiligung in Kapitallebensversicherungen. Anders ist die Situation bei Schadenversicherungen: Sollten Versicherer versuchen, ihre Gewinnrückgänge über steigende Prämien auszugleichen, kann der Kunde zum Beispiel seine Kfz-Versicherung kündigen. Allerdings, so Gatschke, sei der Wettbewerb in diesem Segment sehr stark, sodass sich Preiserhöhungen nur schwer durchsetzen ließen.
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